Altar Boyz – Am achten Tag schuf Gott die Boyband

OffStage Germany bringt in diesem Januar das lang geplante Musical „Altar Boyz“ auf die Bühne. Zum ersten Mal im deutschsprachigen Raum zu erleben, begeistert es das Berliner Publikum seit der Premiere am 15. Januar 2019. Es ist gewagt, ein Stück mit polarisierendem Inhalt und hochanspruchsvollen Choreographien in Angriff zu nehmen, doch nach dem ersten Geniestreich „Thrill Me“ im vergangenen Jahr ist es eine amüsante Abwechslung, die beinahe an Comedy grenzende Show zu erleben.

Off-Musical ist in Deutschland noch immer ein Nischenprodukt, doch finden sich hierunter oftmals Perlen, die eine Bühne verdient haben. Im Ausland hat man den Markt längst erschlossen, hier wagt der Verein erste, wenn auch professionelle Gehversuche und erreicht damit das Publikum. „Altar Boyz“ lief über Jahre hinweg erfolgreich am Off-Broadway und ist mit seinem brisanten Thema aktueller denn je. Den Glauben nicht zu verlieren und in sich selbst zu suchen, auch wenn Zweifel und Ängste einem Steine in den Weg legen – das ist der Tenor dessen, was Regisseur Michael Heller meisterlich auf die kleine Bühne in der Berliner Bar Jeder Vernunft bringt. Das Stück ist eine Persiflage auf die Boybands der 90er Jahre, doch ist es genau diese Konstellation, die die Zuschauer mitreißt. Schon das Original Cast Album lässt mit seinem Beat und Rhythmus einige Hoffnungen und gute Laune aufkeimen. Die englischsprachigen Texte wurden von Laura Friedrich Tejero erstmalig ins Deutsche übersetzt und erhalten trotzdem die feinen Pointen, die in der Originalsprache den Charme der „Altar Boyz“ ausmachen.

Das Musical ist eine choreographische Meisterleistung, die durch die absolut passend gewählte Besetzung noch einmal unterstrichen wird. Die Boyband nimmt man Tobias Bieri (Matthew), Martin Mulders (Mark), Christopher Bolam (Luke), Daniel Tejeda (Juan) und Tom Schimon (Abraham) vom ersten Augenblick an ab. Sie rocken die Bühne, singen, tanzen und reißen ihre Zuschauer mit, als ginge es tatsächlich um den Weltfrieden. Begleitet werden sie dabei von einer vierköpfigen Liveband unter der musikalischen Leitung von Lidia Kalendareva, die bereits bei „Thrill Me“ die Verantwortung übernommen hatte und Alin Cristian Oprea.

Es ist der Dernierenabend ihrer internationalen „Sensation Christ Tour“, der die Boyz nach Berlin zieht und die fünf Bandmitglieder auf die vergangene Zeit zurückblicken lässt. Begonnen von einer schnellen Vorstellungsrunde, über die ersten rasanten und wirklich abwechslungsreichen Beats erreicht die Stimmung beim Publikum bereits nach kürzester Zeit den Höhepunkt. Man fühlt sich zurückversetzt in das Jahrzehnt der Boygroups, was nicht nur an der Musik, sondern auch am gesamten Auftreten und der Kleidung der bunt zusammengewürfelten Gruppe liegt. Am Anfang waren sie einfach nur fünf Jungs die sich kannten, doch ihre gemeinsame Leidenschaft führt sie zusammen, bis letzten Endes der Herr selbst sie zu einer Band zusammenschweißt. Dass die Wahl ausgerechnet auf sie fällt ist nicht unerwartet, ziehen die Namen der Protagonisten doch bereits Parallelen zu den Evangelisten. Wer findet zu einander – Bandleader Matthew, der eine Melodie geschrieben hat; der einfühlsame Mark, der ein Geheimnis mit sich herumträgt; Luke, denn einer muss den Wagen ja fahren; Latinlover Juan, der sich entwurzelt fühlt und auf der Suche nach seiner wahren Herkunft ist und dann ist da noch Abraham, der als jüdisches Mitglied zunächst Startschwierigkeiten hat und von Zweifeln geplagt ist, doch dessen kreative Ader für die Songtexte absolut vonnöten ist.

Gemeinsam befreien sie die Seelen ihres Publikums von Sünden und lassen sich dabei vom Soulsensor DX-12, einem eigens von Sony entwickelten Gerät, welches die Schwingungen in der Luft misst, unterstützen. Die Zahl der Sünder ist an jedem Abend zunächst erschreckend hoch, doch im Laufe ihrer Tour konnten viele Menschen errettet werden. Dieser Abend ist besonders für die Band, die neben Gottes Wort – liebevoll aufs Korn genommen – auch pure Energie und gute Laune versprüht. Die Mission zu missionieren scheint auf einem guten Weg zu sein, denn kontinuierlich sinkt die Zahl der Sünder, die der Soulsensor zu vermelden hat – doch schnell kommt es zu einer überraschenden Wendung. Als eingeschworenes Team helfen sie einander durch Höhen und Tiefen und überzeugen vor allem als sie füreinander einstehen und sich rührend um ihren Freund kümmern, als dieser eine unerwartete Nachricht erhält. „Show must go on“ – überzogen dargestellt und doch tiefgreifend im Nachgang. Es werden die Sünden des Publikums verlesen, die Absolution erteilt und wie bei jeder Boyband üblich gibt es ein Meet&Greet für einen besonderen Sünder. Im Verlauf des Stückes kommt jedes Bandmitglied zum Zuge ohne zu sehr in den Fokus zu geraten. Es lebt von der Gemeinschaft, die einfach auch stumme Anwesenheit signalisieren kann, wenn es dazu kommt, dass Mark sein Coming Out hat, oder dem Einvernehmen welches entsteht, als Abraham am Ende alle Zweifel ausräumt und sich als loyaler Freund zeigt. Die ganz eigene Dynamik der „Altar Boyz“ reißt das Publikum mit und lässt sie jubilieren, feiern und mitfiebern bis zur buchstäblich letzten atemberaubenden Sekunde.

An dieser Stelle darf man keinen tiefgreifenden Inhalt erwarten, man darf auch nicht erwarten, missioniert zu werden und am Ende Choräle singend in die Dunkelheit zu wandeln. Dennoch wird gerade durch das komödiantische Spiel mit dem Glauben ein Nachdenken angeregt und die eingängigen Songs bleiben lange im Ohr. Dass ein Lächeln verbindet ist nicht neu und OffStage Germanay ist es mit den „Altar Boyz“ gelungen, genau diese Verbindung zu schaffen. Bereits nach den ersten fast ausverkauften Shows gab es etliche „Wiederholungstäter“, die nur darauf hinfiebern, noch einmal einen Abend mit diesen fantastischen Künstlern verbringen zu dürfen. Am 20. Januar ist bereits der Kartenvorverkauf für die Wiederaufnahme im März in Berlin gestartet und über Ostern wird im First Stage Theater in Hamburg missioniert. Ein Besuch bei den „Altar Boyz“ ist in jedem Fall lohnenswert, denn ihnen gab der Himmel buchstäblich den Beat!

 

 

OFFstage Germany
Altar Boyz – Deutschsprachige Erstaufführung
Michael Heller – MusicalMichi
Daniel Tejeda
Tobias Bieri Support
BAR JEDER VERNUNFT

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