China Girl
Liebe ist stärker als Blut
am First Stage Theater Hamburg
besuchte Vorstellung: 30.03.2024
Noch bis zum 17. April dieses Jahres läuft die 2. Spielzeit der Neuinszenierung von „China-Girl“, dem Acrobatical mit der Musik von David Bowie im First Stage Theater in Hamburg-Altona. Aber nicht nur Bowies Musik hört man während der gut zweistündigen Vorstellung, auch einige musikalische Überraschungen hält das Stück, welches Artisten des Chinesischen Nationalzirkus und sieben Musicalprofis miteinander verbindet, bereit.
Als Artisten sind zu sehen: Norbert Bunker-Whitney, Joanes Diacoyannis, Xialolin Gong, Wang Hao, Volodymyr Kostenko, Anthony Lefort, Dongsheng Li, Arisa Meguro, Karim Messoudi, Sofien Messoudi, Yassin Messoudi, Yurie Nishi, Anton Savchenko, Raoul Schoregge, Ziyan Shi, Qing Qing Sun und Wang Xiang Yang.
Wer kennt es nicht, William Shakespeares „Romeo und Julia“? Die Geschichte einer eigentlich unmöglichen und gefährlichen Liebe, die bis zum heutigen Tage immer wieder in neuem Gewand auf die Bühnen dieser Welt gebracht wird. Gelebt wird diese tragisch endende Liebe zwischen Gegensätzen und unterschiedlichen Kulturen und ist damit auch heute, gerade in Zeiten immer wieder aufflackernder Kriege und der Faszination einer Kultur zwischen Integration und Konfrontation, immer noch aktueller denn je.
Die Liebesgeschichte zwischen Dou Dou und Roberto, erzählt durch abgespielten, gesprochenen Text und auf LED-Leinwand auf die Bühne projizierte Bilder, wird aus der Kulisse Shakespeares ins heutige New York verlegt. Aber auch hier spielt sie sich vor dem Hintergrund einer stetigen Auseinandersetzung rivalisierender ethnischer Gruppen ab. Zum einen sind das die westlich geprägten italienischen Bewohner des Stadtteils „Little Italy“ und zum anderen die chinesischen Einwanderer, die sich in „Chinatown“ niedergelassen haben. Diese Auseinandersetzungen werden durch eingefügte und großartig ausgeführte Akrobatik-Nummern dargestellt. Hier steht neben fliegenden Hüten, Tellern und Jonglierkeulen auch Gleichgewichtsakrobatik mit geschickt ineinander gestapelten Holzbänkchen oder auch Menschen, die von anderen auf Kopf, Händen oder Füßen balanciert werden, auf dem Programm. Auch werden Stühle aufeinandergestapelt und führen dadurch die im Handstand agierende Akrobatin in schwindelerregende Höhen. Nicht unerwähnt bleiben dürfen in diesem Zusammenhang die zu Lachtränen rührenden, größtenteils stummen Clownereien, für die sich niemand Geringerer als Regisseur und Clown Raoul Schoregge selbst im Gewand des zwischen den Gruppen streitschlichtenden Polizisten auf die große Bühne stellt.
Die sieben Musicalprofis (Florina Bogatu, Theresia Busch, Tabitha Eugling, Martin Holtgreve, Marina Ortmann, Nathalie Schöning und Birgit Widmann) haben sich allesamt in hervorragender und gekonnter Weise der wunderbaren Songs von David Bowie angenommen, die in neuen Arrangements zu entdecken sind. Besonders hervorzuheben sind hier die warme und bestens geführte Stimme von Martin Holtgreve, der neben allen anderen Songs ein großartiges und unter die Haut gehendes „Heros“ ablieferte und ebenso mit dem italienischen Song „Una festa sui Prati“ von Adriano Celentano glänzen konnte. Ihm in nichts nach stand Birgit Widmann, die sich stimmgewaltig und mit großer Bühnenpräsenz empfahl.
Die auf der linken Bühnenseite platzierte multikulturelle Band um den künstlerischen Leiter Adrian Werum (Keyboard) wartet mit vielen für europäische Ohren ungewöhnlichen Instrumenten auf. So hört das Auditorium Debora Vilchez (Peru) an den Percussions und Kandara Diabata aus dem Senegal, die die Kora spielt, eine mit beiden Händen gezupfte westafrikanische Stegharfe, die auch als Harfenlaute bezeichnet wird. Chiao Hua Chang (Taiwan) spielt eine Erhu, eine zweisaitige, mit dem Bogen gestrichene Röhrenspießgeige, die in der chinesischen Musik beheimatet ist. Alle drei Bandmitglieder finden sich aber auch in einem Song auf der Bühne zwischen den Gesangssolisten wieder und unterstreichen damit ihre Vielseitigkeit und ihr Können.
Alles in allem ist „China Girl“ ein Format, welches die Ansprüche an ein hohes künstlerisches Niveau auf allen Ebenen, sowohl artistisch als auch darstellerisch und musikalisch, absolut erfüllt, für kurzweilige Unterhaltung sorgt, aber genauso berührt, zum Staunen und Nachdenken anregt und vor allem diverse Kulturen miteinander verbindet. Vielleicht hätte man sich gewünscht, dass die erzählte Geschichte durch die akrobatischen Einlagen und die Songs besser unterstützt, verwoben und weitererzählt wird. Alle drei hier gezeigten Sparten stehen ein wenig für sich allein und unterbrechen den Fluss und den roten Faden mehr als dass sie verbinden. Aber dennoch ist dieses Acrobatical absolut sehenswert und ist, wenn man einen schönen und eher ungewöhnlicheren Abend erleben möchte, klar zu empfehlen.
Nach dem Aufenthalt in Hamburg setzt „China Girl“ die Tour wieder an wechselnden Veranstaltungsorten fort und gastiert dabei am:
20.04.2024 in der Vogtlandhalle, Greiz
21.04.2024 in der Konzert- und Kongresshalle, Bamberg
25.04.2024 in der Stadthalle, Wien
26.04.2024 im Brucknerhaus, Linz
27.04.2024 in der Messe-Arena 5, Klagenfurt
28.04.2024 in der Johann-Pölz-Halle, Amstetten
03.05.2024 im Theater am Aegi, Hannover
und
04.05.2024 an den Uckermärkischen Bühnen, Schwedt/Oder
Karten für alle Vorstellungen bis zum 17. April 2024 in Hamburg können direkt an der Tageskasse des First Stage Theaters, online auf dessen Website, sowie für Hamburg und die weiteren Tour-Städte auch bei allen bekannten Vorverkaufsstellen erworben werden.
Weiterführende Links:
China Girl Acrobatical
Theresia Busch
Tabitha Eugling
Martin Holtgreve
Marina Ortmann
Nathalie Schöning
Birgit Widmann