Der Gala-Abend des Musicals

…in Oberhausen am 10. November 2019

 

(c) Sound of Music Concerts

Die im späten 19. Jahrhundert als Volksbadeanstalt eröffnete „Badeanstalt am Neumarkt“ dient in der heutigen Zeit schon lange nicht mehr zu hygienischen Zwecken. Nachdem der Platz und die Straße 1947 nach Friedrich Ebert umbenannt worden waren, wurde das Haus zunächst zum Stadtbad am Ebertplatz und später in Ebertbad umbenannt. 1970 wurde das Hallenbad geschlossen und Ende der 1980er Jahre als Veranstaltungshaus mit heute jährlich mehr als 140.000 Besuchern eröffnet.

An diesem kühlen Novemberabend quillt das kleine Foyer bereits zu einer für Konzerte der Sound-of-Music-Family ungewöhnlichen Zeit vor auf den Einlass wartenden Menschen über. Bereits um 18 Uhr wird der Saal abgedunkelt und mit „Thank you for the Music“ startet eine Reise zu den schönsten Musicalmelodien aller Zeiten. Jan Ammann, Maya Hakvoort, Jan Rekeszus, Michaela Schober und Kevin Tarte laden ein zum „Gala-Abend des Musicals“.

 

Die Moderation des Abends obliegt Michaela Schober, die mit kleinen Anekdoten ihre Ankündigungen frech und kurzweilig gestaltet. Zunächst begleiten wir die Sänger/innen durch die Welt der Päpstin, einer engagierten und für ihre Zeit ungewohnt gelehrten, starken jungen Frau, die es der Legende nach auf den Papstthron geschafft hat. Erzählt wird die Geschichte der wehrlos in Gerold verliebten Johanna, die sich im einsamen Gewand der Mönchskutte hinter hohen Klostermauern versteckt, um in ihrer Weiblichkeit unerkannt zu bleiben. Ob diese Legende der Wahrheit entspricht, ist nicht bekannt, allerdings hat sich die Geschichte der Päpstin, erzählt nach einem historischen Roman von Donna W. Cross, bis heute in die Herzen der Menschen gebrannt. Beinahe ehrfürchtig lauscht dann auch das heutige Publikum den Interpretationen der überaus eingängigen und bei kaum einem Konzert fehlenden Balladen.

 

Fortgesetzt wird die Reise in die Zeit Wolfgang Amadeus Mozarts, dem ebenfalls ein eigenes Musical gewidmet wurde und mit „Gold von den Sternen“ der Baronin von Waldstetten, hier eine großartige Interpretation von Michaela Schober, Gehör verleiht. Mit Maya Hakvoort steht anschließend eine Frau auf der Konzertbühne, die der Kaiserin von Österreich seit einigen Jahre immer wieder Leben einhauchen darf. Ihre Darstellung überzeugt und es gelingt ihr, die bis dahin angeheizte Stimmung noch weiter in die Höhe zu treiben. Dem Tod leiht überaus ausdrucksstark Jan Ammann seine Stimme und entfacht in so manchem den Wunsch, einen Tanz mit „ihm“ zu wagen. Dass dies allerdings nicht immer die beste Idee ist, beweist in der Folge der Versuch Jan Rekeszus‘ in der Rolle des Rudolf. Die beeindruckende Harmonie der Stimmen der beiden Herren dringt tief in die Zuschauer und lässt die bereits bestehende Gänsehaut erst gar nicht wieder verschwinden.

Auch der nächste Block mit Liedern aus dem erfolgreichsten Musical aller Zeiten „Les Misérables“, setzt die anspruchsvollen Klänge fort. Kevin Tarte punktet mit seinen „Sternen“ ebenso wie Jan Rekeszus mit seinem „Dunkles Schweigen an den Tischen“. Beide ernten dafür kaum enden wollenden Applaus, bevor sich der erste Akt mit einer Hommage an den großen Komponisten Andrew Lloyd Webber beschließt. Zu den Klängen von Norma Desmond aus Sunset Boulevard über die Katzen aus der Erfolgsproduktion „Cats“ und durch die Katakomben der Pariser Oper werden die Zuschauer in die Pause entlassen.

 

Rechtzeitig zum Beginn des zweiten Aktes finden alle ihre Sitzplätze wieder und folgen erwartungsvoll dem weiteren Weg. War der erste Teil eher den einschlägigen Musicals gewidmet, lädt die Setlist im zweiten Teil zunächst zur Suche nach den Spuren von Erfolgskomponist Frank Wildhorn ein. Maya Hakvoort begeistert mit „Mein Leben“ und Jan Rekeszus setzt einen im Gedächtnis bleibenden Schockmoment, als er zu den eindringlichen und verzweifelten Klängen von „Wie kein anderer Mann“ aus „Rudolf – Affaire Mayerling“ nicht nur in Ausdruck und Mimik überzeugt, sondern schleichend, aber stetig den Weg an die Bühnenkante sucht und einen jeden im Saal zur Überzeugung treibt, den Freitod wählen zu wollen.

 

Bevor nun das Ohr für berühmte Klassiker unter den Musical-Songs geöffnet wird, gilt es mit Liedern aus „Jentl“ und „Newsies“ Unbekannteres auf der einen Seite und mit Disney-Stücken Bekannteres auf der anderen Seite durch einen kleinen Ausflug auf die Kinoleinwände zu entdecken. Den Abschluss findet dieses interessante und kurzweilige Konzertformat, da gleich alle drei Herren (Ammann und Rekeszus als Hauptrolle / Tarte als Schattenmann) aktuell in diesem Stück auf der Bühne stehen, schon fast absehbar mit dem Musical des Märchenprinzen „Ludwig²“. Ein gelungener Schachzug der Verantwortlichen, „In Palästen geboren“ unter den Sänger/innen aufzuteilen. Das emotionale Duett, beginnend mit Schober/Rekeszus im ersten, Hakvoort/Ammann im zweiten Teil und endend als Quartett, erntet begeisterten Applaus, der nur noch durch die zu Recht für Tarte mit seiner Schattenarie gebotenen stehenden Ovationen übertroffen wird.

Die zu den größten und bekanntesten Musicaldarstellern zählenden Aktiven des heutigen Abends begeistern über den kompletten Verlauf, ganz gleich, welcher Sänger/in gerade sein/ihr Können zum Besten gibt. Die Stimmen harmonieren hervorragend, Emotionen und Spaß schwappen von der Bühne unmittelbar ins Publikum, reißen mit und entführen ebenso in fröhliche wie berührende Klänge. Viel zu schnell ist das Ende des Konzertes in greifbare Nähe gerückt und die bewegten Zuschauer finden nur schwer zurück zur Realität. Mit der ersten Zugabe, der „Totalen Finsternis“ aus dem Musical „Tanz der Vampire“, gelingt den Darstellern, ob gewollt oder ungewollt sei dahingestellt, noch ein weiterer Geniestreich, welcher die emotionale Schiene gekonnt dreht und für fröhliches und ehrliches Gelächter nicht nur unter den Gästen sorgt. Auch auf der Bühne bleibt kein Auge trocken, werfen die fünf doch die offenbar geplanten Textpassagen derart durcheinander, dass sich beispielsweise ein Jan Rekeszus plötzlich als Sarah wiederfindet, bevor das Konzert mit einer weiteren Zugabe den endgültigen Abschluss findet.

Der Gala-Abend des Musicals macht am 19. Dezember dieses Jahres noch im Kupfersaal in Leipzig halt. Karten hierfür sind noch über die Website des Veranstalters https://tickets.soundofmusic.de zu erhalten.

 

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