Der Lügner – Das Musical
Es ist immer wieder eine besondere Freude, neue Stücke entdecken zu dürfen. Bereits im Januar 2019 feierte „Der Lügner – Das Musical“ aus der Feder von Jasmin Hawlicek und dem Komponisten Justin Lehmann-Friese seine Premiere und wurde jetzt im Theater O-Tonart in Berlin neu aufgenommen.
Der personifizierte Lügner tritt in Aktion und animiert Menschen rings um sich her, es ihm gleich zu tun, denn seine Devise lautet „Lügen ist schön!“. Seinen Besuch stattet er Familie Jedermann ab, die von sich selbst behauptet, von Grund auf ehrlich zu sein und niemals zu lügen. Die achtjährige Vanessa steht dem neuen Hausgast, der in die Küche einzieht und das wegen der dort vorhandenen Vorräte für eine überaus kluge Idee hält, zunächst skeptisch gegenüber. Als jüngstes Familienmitglied misstraut sie dem komischen Fremden mit der langen Nase zunächst, nimmt seine Anwesenheit jedoch schließlich als gegeben hin und bringt ihn über die vorherrschenden Familienverhältnisse auf den neuesten Stand. Mutter Anna hat einen vermeintlich tollen Job und arbeitet hart, um ihre Kinder groß zu bekommen. Sie selbst jedoch ist alles andere als zufrieden. Der Stress im Büro setzt ihr sichtlich zu, der Haushalt scheint ihr zu entgleiten und sie steht noch immer unter der Fuchtel ihrer Mutter Brigitte. Der Ehemann ist nach einer knapp 18jährigen Beziehung gegangen, Liebe hat es nach Annas Meinung nie gegeben, denn ihr Herz hängt, auch wenn sie es nicht zugeben möchte, noch immer an einem Anderen, der sie kurz zuvor verlassen hatte. Sohn Johannes ist bereits 17, im besten Alter, um sich selbst zu verlieben, doch ihm liegt nicht viel an einer ernsthaften Beziehung, viel lieber hat er seinen Spaß mit dem anderen Geschlecht. Mit großem Mundwerk gesegnet gibt er den Coolen und testet seine Grenzen bei den Mädchen aus, die sich gern mehr erhoffen als er zu geben bereit ist. In Annas Abwesenheit kümmert er sich um die jüngere Schwester, hat jedoch eher Augen für sein Smartphone und die nächsten Flirts. Das erste Zusammentreffen zwischen ihm und dem Lügner läuft nicht ganz reibungslos, doch schließlich lädt er den neuen Mitbewohner ein, mit ihm gemeinsam die Mädels abzuchecken. Die trunksüchtige schrullige Oma macht die Familie Jedermann komplett. Gern würde sie mit einziehen, um noch näher bei Anna zu sein, doch der Platz reicht nicht aus, sodass sie wenigstens zum Putzen und Ordnung machen trotzdem täglich nach dem Rechten sieht und dabei alles andere vernachlässigt.
Mit dem Lügner weht endlich frischer Wind in der Familie, die standhaft an ihrer Behauptung festhalten, stets ehrlich zu sein. Einen nach dem anderen nimmt der Lügner sie ins Gebet und fördert so manche Ungereimtheit zu Tage. Ob es ihm gelingt, lange gehegte Geheimnisse zu lüften und die Familie zu verführen, zeigt sich in zwei überaus unterhaltsamen und kurzweiligen Stunden.
So lustig die Situationen, Texte und Songs auch sind, so tiefgründig ist die Thematik. Feinfühlig haben sich die beiden jungen Macher mit der Thematik „Lügen“ auseinandergesetzt und rufen einem in Erinnerung, dass Lügen nicht verjähren, sich mit der Zeit jedoch der Blickwinkel darauf ändern kann. Wie groß das Feld der Unwahrheiten ist, zeigt sich an dem Leitspruch der kleinen Vanessa, die selbst Geheimnisse für gefährlich hält, denn im Grunde seien „Geheimnisse wie Puppen – sie sehen unschuldig aus, sind aber doch Lügen“, wie sie standhaft immer wieder behauptet. Wahrheiten sind nicht immer bequem und manchmal bedarf es auch einer Lüge, um andere nicht zu verletzen. Wie weit man selbst sich jene doch sehr überaus menschliche Eigenschaft zu Nutze macht, ist für jeden selbst abzuwägen, denn es braucht mehr als einen Eimer Wasser, um eine Lüge wieder auszulöschen, die zu großem Kummer geführt hat.
Das Autorenduo Jasmin Hawlicek und Justin Lehmann-Friese stehen selbst in allen Rollen des Zwei-Personen-Musicals auf der Bühne. Gekonnt nehmen sie die Herausforderung an, die Zuschauer aus ihrem Alltag hin zu jenen erdachten und doch den Meisten so ähnlichen Bühnenfiguren zu entführen. Mit viel Witz, Charme und großem Einfallsreichtum erwecken sie ihre Figuren zum Leben. Der ständig singende Lügner wirkt ebenso authentisch wie die vier Familienmitglieder, die geschickt durch wenige optische Veränderungen dargestellt werden.
Auch das Bühnenbild ist so simpel wie einfallsreich. In der Küche der Jedermanns findet der erste Akt statt, während im zweiten Teil durch wenige Handgriffe eine andere Stimmung erzeugt und damit andere Orte lebendig werden.
Seit 2018 befindet sich „Der Lügner“ im stetigen Wandel. In der Weihnachtszeit wird es eigens ein „Weihnachtsspecial“ geben.
Alles in allem ist das Stück ein eindeutiger Beweis dafür, dass es sich absolut lohnt, auch abseits großer Theaterbühnen die Augen offen zu halten. Das Theater O-Tonart ist mit seinen nur 72 Plätzen ein wahres Kleinod und ideal für einen gemütlichen Theaterabend. Selten findet man derartige Gastlichkeit vor wie in diesem Hinterhoftheater in Berlin Schöneberg.
Wer sich nun davon überzeugen lassen möchte, dass Lügen tatsächlich schön ist und sich zugleich herzlich willkommen führen möchte, sollte nicht länger zögern und eine Karte für die folgenden Termine von „Der Lügner – das Musical“ erwerben.
Kommende Termine:
- Oktober 2019 19:30 Uhr
17. November 2019 18:00 Uhr
21. Dezember 2019 19:30 Uhr Weihnachtsspecial - Dezember 2019 18:00 Uhr Weihnachtsspecial
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