Germany 12 Points…

20. April 2019 – Magdeburg

Beinahe traditionell am Samstag vor Ostern gastiert Sound of Music Concerts mit einem Konzertformat im Theater Magdeburg. Der strahlende Schein der Frühlingssonne lädt Magdeburger und Besucher bis kurz vor dem Konzertbeginn dazu ein, draußen zu verweilen und neben dem Wetter auch den Anblick des historischen Gebäudes zu genießen. Mit seiner insgesamt über einhundertjährigen Geschichte hat es in der Vergangenheit zahllose Veranstaltungen beherbergt und erfreut sich nicht nur in der Region großer Beliebtheit. An diesem Samstagabend jedoch ist der große Saal des Opernhauses lediglich etwa zur Hälfte gefüllt, das anwesende Publikum jedoch gespannt auf das angekündigte Programm „12 Points go to…“, einer Gala aus bekannten Melodien des legendären Grand Prix Eurovision de la Chanson. Seit Anfang der 2000er Jahre nennt sich das seit 1956 jährlich stattfindende Spektakel nur noch „Eurovision Song Contest“, kurz ESC – und schickt europaweit Komponisten und Textdichter an den Start, deren Neuheiten von Sängerinnen und Sängern vor dem geneigten Publikum dargeboten werden und miteinander konkurrieren.

Am Ostersamstag – exakt einen Monat vor der Endübertragung des diesjährigen Wettbewerbes -konkurriert niemand miteinander. Im Gegenteil, geboten wird ein Querschnitt durch mehr als sechs Jahrzehnte Musikgeschichte, in denen die entsprechenden Songs nicht einmal gewonnen haben, um zu großer Bekanntheit zu gelangen. Mit Michaela Schober, Stephanie Tschöppe und Christina Patten stehen als weibliche Besetzung des Abends drei wunderbare Frauen mit großartigen Stimmen auf der Bühne, die von Christian Miebach, ebenfalls Musicaldarsteller, sowie den Schlagersängern Michael Fischer und dem Duo Neon tatkräftig unterstützt werden. Mit „Hallelujah“, dem israelischen Siegertitel von 1979, wird die bunte musikalische Zeitreise eröffnet und stellt alle Protagonisten kurz in den Mittelpunkt und nach und nach vor. In Christina Pattens sympathischer erster Moderation werden nicht nur viel gute Laune und schöne Melodien versprochen, sondern auch eine sprichwörtliche musikalische Brücke gebaut, um andere Kulturen und deren musikalische Vielfalt kennen zu lernen.

Mit Songs, die Deutschland vertreten haben oder zumindest im Vorentscheid gewesen sind, wird der erste Block übertitelt. Nino de Angelos „Flieger“, dargeboten von Michael Fischer, der dem ursprünglichen Titel eine sehr poppige Note verleiht und damit versucht das Publikum zum Mitmachen zu animieren, darf genauso wenig fehlen wie Mary Roos‘ „Aufrecht geh’n“, welchem Michaela Schober ihre Stimme leiht oder Katja Ebsteins „Theater“, welches wunderbar von Stephanie Tschöppe intoniert wird und stellvertretend inhaltlich auch als Sinnbild der gesamten Show stehen könnte.

Nach einem hochemotionalen „Merci Cherie“ von Michaela Schober – ursprünglich aus der Feder von Udo Jürgens – zieht im zweiten Block das Tempo ein wenig an. Erstmalig wird auch sprachlich ins Englische und Französische gewechselt und bringt damit ein wenig Abwechslung in die durchweg bekannte Songauswahl.  Mit dem Gewinnerbeitrag „Puppet on a String“ – damals für Großbritannien von Sandie Shaw vorgetragen – geht es beinahe rasant weiter, ehe Michael Fischer lakonisch bemerkt, dass Frauen die Welt regieren. Dessen Interpretation von Roger Ciceros Beitrag aus dem Jahr 2007 hat jedoch nur noch wenig mit dem Original gemein, viel mehr drückt er dem einst Unverwechselbaren einen eigenen Stempel auf, dessen Zweck jedoch nicht ganz ersichtlich ist.  Stimmgewaltig dominieren die Frauen diesen Block, allen voran Christina Patten, die nicht nur eine Ohren-, sondern mit ihrem roten Kleid auch eine Augenweide ist und ihre sprachliche sowie stilistische Vielseitigkeit beeindruckend unter Beweis stellt.

Für den Gute-Laune-Höhepunkt des Abends sorgt eindeutig der Abschluss des ersten Aktes, angeführt von Neon mit Stefan Raabs Klamauk-Song „Wadde hadde dudde da?“ Die Stimmung auf und vor der Bühne steigt mit jedem Wort und jeder Bewegung deutlich an und scheint kaum zu übertreffen. Scheint – denn nach einem gemeinsamen „Waterloo“, dem unangefochtenen Grand Prix Gewinner aller Zeiten, von Neon, Patten und Tschöppe performt, geben sie Christian Miebach mit Teach In’s „Ding-A-Dong“ die Klinke in die Hand, der es gekonnt weiß, mit seinen Hüftschwüngen die Stimmung noch weiter anzuheizen. Den Abschluss vor der Pause machen Neon, Christina Patten und Michaela Schober mit einer herrlich pointierten und dem Originalinterpreten Brotherhood of Man nachempfundenen Choreographie zu „Save your kisses for me“.

Mit seiner Interpretation von Johnny Logans „What’s another year“ weiß Miebach ebenso wie mit „Hold me now“ erneut zu begeistern. Die einzigen beiden Songs in der bisherigen Grand Prix Geschichte, die von ein und demselben Interpreten stammen und den Gewinn für sich beanspruchen konnten. Ob „Let it swing“, „Ein bisschen Frieden“ oder „Making your mind“, für jeden Geschmack ist etwas dabei und die anfangs beschriebene Brücke manifestiert sich mit jedem der durchweg bekannten Songs mehr und mehr.

In jeder Moderation, die durch die Künstler selbst geführt wird, gibt es nicht nur spannende Hintergrundinformationen zu den einzelnen Titeln und deren ursprünglichen Interpreten, sondern auch zum Wettbewerb selbst. So wird jetzt das Jahr 1998 erreicht, in dem das Bewertungssystem erstmalig umgestellt wurde und statt der bisherigen Jurywertung ein Tedsystem zum Abstimmen für die Zuschauer eingerichtet wurde. Zudem war die Verpflichtung, in der eigenen Landessprache zu singen, fortan aufgehoben. Mit Katrina and the Waves’ Song „Love shine a light“ wird von Schober und Tschöppe ein Abbild des Liedes, welches die höchste Punktzahl in der ESC Geschichte bekommen hat, auf die Bühne gebracht.

Der letzte Block gibt einen Überblick über die Gewinnertitel von 2009 bis 2016 und wartet mit wohlbekannten Klängen auf. Fischers „Fairytale“, und Pattens „Satellite“ sorgen zwar für Stimmung, sind jedoch nur noch Abbilder mit weit entfernter Ähnlichkeit ihrer Originalinterpreten. Auch „Euphoria“, ursprünglich von Loreen, hätte man sich möglicherweise in anderer Besetzung gewünscht, wenngleich die Stimmung im Theater Magdeburg kaum besser sein könnte, ehe sie von „1944“, dem bedrückenden Song Jamalas aus der Ukraine, ein wenig gedrückt wird.

Mit „Only Teardrops“ und „Rise like a Phoenix“ findet der Ausflug durch die Jahrzehnte seinen Abschluss. Alle Künstler des Abends geben noch einmal „Waterloo“ zum Besten und animieren damit zum Mitsingen und Mittanzen. Bei der zweiten Wiederholung des Klassikers hält es niemanden mehr auf den Sitzen.

Musikalisch wie auch stimmlich ist das Konzept „Germany 12 Points…“ aus dem Hause Sound of Music Concerts eine gelungene Abwechslung. Mit fünf großen Musicalstimmen – Michaela Schober, Christina Patten, Stephanie Tschöppe, Christian Miebach und Jan Rekeszus – letzterer ist an diesem Abend leider krankheitsbedingt verhindert – und drei Schlagersängern ist das Programm hochkarätig besetzt. Während die drei Damen bei jedem ihrer Auftritte brillieren und stets sympathisch und unglaublich authentisch herüberkommen, versucht Neon sich die Sympathiepunkte über Schabernack auf der Bühne zu sichern. Heimlicher Sympathieträger des Abends ist der junge Christian Miebach, der an der Universität der Künste in Berlin ausgebildet wurde und neben Gesangstalent gleichsam komödiantische als auch tänzerische Qualitäten offenbart und charmant weiß, sein Publikum zu betören.

Insgesamt erwartet man beim Stichwort „Eurovision Song Contest“ wohl etwas mehr Glamour als eine schmucklose Bühne mit dunklem Hintergrund. Einige Titel gehen hier beinahe unter und auch die von Sound of Music-Konzerten normalerweise gewohnte Liveband vermisst man schmerzlich. Tontechniker Markus Danne und Lichtvirtuose Matthias Vierjahn leisten doch auch hier eine gute Arbeit und versuchen, das Bühnengeschehen bestmöglich nach ihren Kräften zu untermalen. Ein insgesamt gelungener Abend mit tollen Stimmen aber etwas zu wenig Stimmung Seitens des Publikums geht nach gut zweieinhalb Stunden zu Ende und man darf gespannt sein, mit welchem Programm das Theater Magdeburg im kommenden Jahr zu den Musicaltagen wieder aufwarten wird.

 

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