Interview mit Gerrit Hericks
“Die Balance ist mir sehr wichtig.”
Ende Juli hatten wir die Gelegenheit, uns mit Gerrit Hericks im Zuge seines Engagements bei „Stephan Masurs Varietéspektakel“ in Köln zu treffen und mit ihm über seine Arbeit, Zukunftspläne und einiges mehr zu sprechen. Der junge Darsteller, den man als offenen und sehr ehrlichen Menschen kennt, nimmt kein Blatt vor den Mund, auch wenn es um ernste Themen geht, und lässt uns an seinen Gedanken teilhaben.
Bis zum Jahresanfang war der gebürtige Westfale noch im Verein OffStage Germany aktiv, dem er nicht nur als Mitglied angehörte, sondern an dessen Entwicklung er als Vorstand maßgeblich beteiligt gewesen ist. Aus privaten Gründen musste er das Amt niederlegen, doch die Botschaft möchte er noch heute vermitteln. Was ist für ihn das Interessante, gerade an Off Musical und gibt es in Deutschland überhaupt einen Markt dafür? Wir wollen es genauer wissen, verändert sich die Musicallandschaft doch in den letzten Jahren deutlich? „Ich fand Off Musical schon immer interessant. Die Größe der Ensembles fasziniert mich, es werden Geschichten dabei erzählt, die fernab der großen bunten Stücke, die sehr viel Aufmerksamkeit bekommen, liegen. Themen, die es wert sind angesprochen zu werden! Das ist wertvoll für Deutschland, gerade Nischenthemen, die sich mit der Psyche auseinandersetzen, Probleme und Fakten beleuchten, die man nicht mit viel Aufwand auf einer großen Bühne präsentieren muss, sind oft unglaublich intensiv. Mich packt das und wir wollten mit OffStage die Möglichkeit schaffen, das auch für die Allgemeinheit zugänglicher zu machen. Der Markt ist auf jeden Fall vorhanden. Man darf eben nicht erwarten, dass die Stücke sofort überlaufen sind, Off Musical ist einfach hierzulande noch eine Nische in der Nische.” Diesen Gedanken können wir sehr gut nachvollziehen und möchten wissen, wie denn von der Seite der daran Beteiligten Aufwand und Nutzen gewertet werden können. Mit der ersten Produktion des Vereins, „Thrill Me“, wurde im vergangenen Jahr der Versuchsballon gestartet und in nur sieben Vorstellungen die Geschichte zweier Mörder mit ganz unterschiedlichen Motiven auf die Studiobühne des Berliner Admiralspalastes sowie des First Stage Theaters in Hamburg gebracht. Als Richard Loeb stand Hericks neben Kevin Köhler hierbei auf der Bühne und erinnert sich gern für uns zurück. „Die Proben haben sich über ein halbes Jahr lang hingezogen, immer wieder haben wir uns getroffen, wenn es die Zeit zugelassen hat. Denn auch Kevin und Michael (Heller) waren sehr eingespannt in dieser Zeit. Der Aufwand war erheblich für die wenigen Shows, hat sich aber absolut gelohnt, jede Minute die wir investiert haben, war es wert. Das war ein Herzensprojekt von uns allen und ich glaube, dass ich vorher noch nie so intensiv in eine Rolle rein gerutscht bin wie in diese. „Thrill Me“ auf die Bühne zu bringen war eine sehr intensive Zeit, wir hatten nur wenige finanzielle Mittel zur Verfügung und am Ende ist es sehr schade, dass wir nicht mehr Vorstellungen spielen konnten, aber wir mussten erst einmal ausprobieren, wie ein solches Stück überhaupt angenommen wird.“
Beim Stichwort „Herzensprojekt“ kommen wir auch auf Gerrits derzeitiges Engagement im Senftöpfchen Theater in Köln zu sprechen. Oft findet man Darsteller in eher Musik – oder schauspiellastigeren Stücken, doch mit einer Varietéshow, die seit nunmehr fünfzehn Jahren mit jährlich neuem Programm aufwartet, rechnet man kaum. „Ich komme immer wieder gern hierher zurück. ‚Cirque de Tuque‘ war 2011 mein erstes Profiengagement“, erzählt er bereitwillig. „Auch das ist inzwischen ein Herzensprojekt, sechs Wochen mit sieben fantastischen Artisten zu spielen“, schiebt er nach und fügt sogleich hinzu, „Auch wenn es immer Varieté ist, so ist kein Jahr gleich. Bei meinem ersten Engagement hier war ich ein Engel, der sich im Laufe der Story entwickelt hat, später dann ein Rockstar und jetzt eben ein Zirkusdirektor.“ Trotz der vielfältigen Figuren könne man sehen, wie sehr er sich seit 2011 weiterentwickelt hat. „Meine Fähigkeiten waren damals einfach andere, als sie es heute sind. Wahrscheinlich würde ich die Rollen heute ganz anders anlegen“, lacht er. Seine Sommer sind häufig voll mit Projekten, die ihn auch auf die unterschiedlichsten Freilichtbühnen quer durch Deutschland ziehen. Ob Kindertheater oder Musical für Erwachsene ist dabei fast einerlei. Jede Produktion habe ihre ganz eigenen Reize, erzählt er. „Freilichtbühnen sind toll, das ist immer ein ganz besonderes Erlebnis. Das Wetter ist da nur eine Komponente, die man mit einbeziehen muss. Aber es ist eine Herausforderung, sich auf jede Eventualität einzustellen. Kein Stück ist auf einer offenen Bühne so angelegt wie in einem geschlossenen Theater. Es bewegt einen unglaublich zu erleben, wie die Dramatik eines Stückes sich ändert, wenn man im hellen Tageslicht zu spielen beginnt und am Ende der Show nur noch Scheinwerfer die Bühne beleuchten, weil die Nacht inzwischen hereingebrochen ist. Auch wenn man die größte Ballade eines Stückes plötzlich in strömendem Regen spielt, ist das ein magischer Moment, der einem viel gibt und Emotionen aus einem selbst herauskitzelt, die man wahrscheinlich in einem Theater nicht erlebt hätte.“ Auch Kindertheater sei eine besondere Erfahrung für einen Darsteller. „Es gibt kein schöneres Gefühl, als auf der Bühne ausgebuht zu werden, wenn die Rolle böse ist. Kinder sind das ehrlichste Publikum, was man sich vorstellen kann. Man ist so viel näher an seinem Publikum, das lässt sich kaum mit den großen Shows vergleichen.“ Eine Mischung aus allem zu machen, um alle Facetten mitzubekommen, sei für ihn wichtig und aus jedem Engagement nimmt er für sich wertvolle Erfahrungen mit.
Man dürfe halt keine oder nur wenig Berührungsängste haben. Viele Themen erfordern es, aus seiner ganz privaten Komfortzone auszubrechen. Grenzen könne man nur dann setzen, wenn man auch bereit sei, dann dem einen oder anderen Job adieu zu sagen. „Ich habe selbst nur wenige Berührungsängste. In der Vergangenheit habe ich zum Beispiel bei ‚Hair‘ nackt auf der Bühne gestanden, ich habe bei ‚Thrill Me‘ einen Mann geküsst, Frauen ebenfalls und angedeutete Sexszenen stellen auch kein Problem dar“, macht der vielseitige Darsteller resolut klar und erinnert sich zurück. Das Wichtigste sei ihm Authentizität, die man am besten dadurch erreicht, dass jede Figur ihre eigene Geschichte bekommt, über die man sich Gedanken machen müsse. „Ich möchte kein 08/15 Abziehbild von etwas sein. Tiefgründige Gedanken sind da an der Tagesordnung, jede Figur muss Beweggründe für das haben, was sie tut, auch wenn man natürlich nicht die komplette Geschichte auf der Bühne erzählt. Man kann jede Figur authentisch rüberbringen, egal ob sie ursprünglich einem Comic entstammt, eine reale historische Vorlage hat oder ein irrer Mörder ist.“
Bislang steht dieses Jahr seit dem Ende des „Glöckners von Notre Dame“ für Gerrit ganz im Zeichen des Zirkus‘. Uns stellt sich die Frage, ob es eine Art Jugendtraum ist, der sich damit erfüllt, oder die Thematik für ihn eher ein Abbild des doch sehr unsteten Darstellerlebens ist. „Ich muss zugeben, dass ich in meiner Jugend mit dem Zirkus nur recht wenig Berührungspunkte hatte. Es hat mir die Leidenschaft dafür gefehlt. Mit ‚Knie‘ und ‚Le Cirque‘ gehe ich voll darin auf. Es macht unheimlichen Spaß diese Shows zu spielen, aber im Grunde ist es wohl eher ein Abbild dessen, was das Künstlerleben mit sich bringt. Mit Zürich, Basel, Bern, Köln und Bonn bin ich in diesem Jahr in vielen unterschiedlichen Städten unterwegs, was sehr anstrengend sein kann, aber den Job auch frisch und lebendig hält.“
Viele Projekte parallel laufen zu haben, bringt die Work-Life-Balance gehörig durcheinander. In den vergangenen Jahren hat die Arbeit einen vorrangigen Platz in Gerrits Leben eingenommen. „Es ist einfach eine Sache der Gewohnheit. Ich habe meinen Lebensstil angepasst und musste mich erst langsam wieder daran gewöhnen, auch Freizeit zu haben, als ich plötzlich nur noch ‚Knie‘ gespielt habe. Eine Zeit lang würde ich mich bestimmt ganz gut auch mit mir selbst beschäftigen können, aber ich bin so ein Mensch, der immer was zu tun braucht und suche dann schon recht schnell wieder neue Projekte, denen ich mich widmen kann.“ Dass er jedoch nicht immer so aktiv bleiben möchte, zumindest nicht, was die ständigen Ortswechsel anbelangt, zeigen seine Zukunftsvisionen. „Ich möchte etwas sesshafter werden, einen Platz finden, wo ich mich niederlassen kann. Man wird mich nicht so schnell von der Bühne vertreiben, aber in Zukunft möchte ich nicht, dass es mein gesamtes berufliches Leben bestimmt. Derzeit arbeite ich aktiv an einem zweiten Standbein, bei dem mir auch mein Talent für das Organisatorische ganz gelegen kommt. So lange sich das Künstlersein und diese Tätigkeit, die ich vor ein paar Wochen aufgenommen habe, vereinbaren lassen, ist es toll, aber das stetere Leben, welches ich mir wünsche, wird irgendwann wahrscheinlich die Entscheidung von mir verlangen, dass ich meine aktive Bühnentätigkeit ein wenig zurückschraube und aktiv in der Agentur die mich bislang vertreten hat, ins Management mit einsteige.“ Unter einer solch unsteten Beschäftigung leiden vor allem auch soziale Kontakte, wie Freundschaften oder Partnerschaften. Von außen betrachtet wirkt es oft so, als würden die Kollegen auch privat vieles gemeinsam unternehmen. Er lacht, als er bejaht, dass es natürlich schwierig sein kann zu arbeiten, wenn andere ihren Feierabend genießen, wirft dann aber ein, dass ein solch intensiver Job eben auch zusammenschweißt. „Man verbringt automatisch sehr viel Zeit miteinander, da ist es nur natürlich, dass aus Kollegen Freunde werden. Ich habe aber auch außerhalb einen großen Freundeskreis. Das ist das Schöne daran, wenn man viel rumkommt. Allerdings müssen diese Freundschaften dann aushalten, dass man sich vielleicht nur alle paar Monate einmal sehen kann. Ich finde es sehr erfrischend beides zu haben. Die Balance ist mir sehr wichtig. Ich glaube, die wenigsten Leute würden ausschließlich mit ihren Kollegen auch in ihrer privaten Zeit zusammen sein und Zeit verbringen wollen. Da braucht man hier und da einfach einen frischen Wind“, lässt er uns an seinen Gedanken teilhaben. „In der Partnerschaft ist das ja sehr ähnlich. Man braucht definitiv jemanden, der damit klarkommt. Viele versuchen es eine Zeitlang und stellen dann fest, dass es doch schwieriger als geahnt ist. Es gibt viele Darsteller, die auch andere Darsteller als Partner haben. Da kennen das beide – den gegenseitigen Beruf – und kommen somit besser damit klar. Es funktioniert sicherlich auch, dass man Leute außerhalb dieses Jobs als Partner hat, aber da muss man auch langfristig schauen, wie weit man bereit ist, vielleicht seinen Beruf zurückzustecken. Es ist ein erheblicher Aufwand, seine Leben miteinander zu planen, um dann auch Zeit zu zweit zu haben. Wenn beide auf der Bühne stehen, ist das Verständnis des Anderen wahrscheinlich wesentlich natürlicher.“
Der Künstlerberuf ist also eine Anhäufung von Herausforderungen, die immer wieder auf die Darsteller einströmen. Manche werden zumindest in beruflicher Hinsicht aktiv gesucht, andere finden einen offenbar wie von selbst. „Ich versuche ja immer mich zu steigern und mir neue Ziele zu setzen. Der Job ist nicht der leichteste, aber einer, der mich unglaublich ausfüllt. Als ich zum Beispiel das Angebot für die Zweitbesetzung des Quasimodo bekommen habe, war ich total aufgeregt. ‚Das sind Schuhe, die man erst einmal ausfüllen muss‘, dachte ich damals. Ich glaube, ich war in meinem Leben vorher noch nie so aufgeregt wie vor meiner allerersten Quasimodo-Show. An solchen Dingen wächst man und ich bin sehr froh darüber, dass ich diese Chancen, mich weiterzuentwickeln, erhalte. Allerdings begegnen einem auch immer wieder Menschen, die sich danach erkundigen, was ich denn eigentlich hauptberuflich mache“, schmunzelt er. „Das wird weniger, meist sind es Fremde am Bühneneingang. Aber die Vorurteile in meinem direkten Umfeld haben sich spätestens in dem Moment gelegt, als klar wurde, dass ich in dem, was ich tue, aufgehe und auch davon leben kann“, fügt er offen hinzu. Auch blickt er gern zurück auf Produktionen, die er in der Vergangenheit gespielt hat. „Vor allem die Zeit beim ‚Glöckner‘ war eine der schönsten, die ich je erleben durfte. Aber auch ‚Thrill Me‘ war sehr intensiv. Ich freue mich jedes Mal, wenn es mir gelingt, das Publikum zu erreichen und zu bewegen. Es ist einfach eine tolle Erfahrung für mich, wenn ich sehe, dass mein Spiel Menschen bewegt, Gedankenanstöße liefert und Emotionen auslöst. Es ist das Schönste für mich zu wissen, dass ich das immer wieder schaffen kann.“
Kurz verlassen wir unser Thema und uns interessiert, ob Gerrit denn schon einmal darüber nachgedacht hat, ein eigenes Stück zu schreiben, und wovon dieses handeln würde. „Ja, das möchte ich schon seit einigen Jahren tun, komme aber nie wirklich dazu.“ Welche Charaktereigenschaften würden ihn wohl auszeichnen? Gerrit lacht, als wir es genauer wissen möchten. „Ich bin ein Quatschkopf“, gibt er unumwunden zu. „Ich kann zwar ernst sein, glaube aber, der humoristische ist der ehrlichere Gerrit. Ich versuche immer mit Witzen auch Stimmungen aufzuheitern und bin irgendwie meist der lustige Vogel, der immer noch einen Witz auf Lager hat, den er raushauen möchte, egal wie lächerlich oder blöd das gerade wirkt“, erfahren wir, ehe Gerrit nachschiebt: „So bin ich zumindest in der Gruppe.“
Als großer Fan von Harry Potter ist es nicht verwunderlich, dass er sich, hätte er die Wahl, sofort in dieser Welt verlieren könnte. „Ich würde mich da gern mal umschauen, aber nicht durch die Augen einer Figur, sondern als Gerrit der Zauberer“, nimmt er die Frage mit Humor und demonstriert, nach seinen privaten heimlichen Talenten gefragt, sofort, dass er mit den Ohren wackeln kann, was die Stimmung noch ein wenig mehr anstachelt. Damit beenden wir den Ausflug ins Privatleben des Künstlers und wenden uns wieder seinen Gedanken zu weitgehend beruflichen Themen zu.
Als sehr selbstkritisch und ehrgeizig zeigt er sich, als wir ihn nach seinem Umgang mit Kritik befragen. „Meine Mutter sammelt jeden Schnipsel, der über mich erschienen ist. Ich allerdings versuche alle Bandbreiten an Kritik wenigstens zu lesen und aufzunehmen. Das kann eine Einzelmeinung sein von jemandem, dem etwas nicht gefallen hat, aber ich denke dann jedes Mal darüber nach, ob ich etwas tun kann, um meine Performance auf der Bühne zu verbessern. Man kann viel Produktives aus Kritiken ziehen, wenn man weiß, wie man das für sich zu werten hat.“
Dass sich die Musiktheaterwelt stetig im Wandel befindet, kann Gerrit Hericks nur bestätigen. Gerade in den letzten Jahren sind viele Stücke und Projekte auf den Markt gekommen, die sich viel mit Labeldenken befassen. Seien es „Elegies“, welches im vergangenen Dezember erstmalig in Deutschland aufgeführt wurde, oder Stücke wie „Hedwig“, „Straight“ oder „Wir – Familie ist, was man draus macht.“ Jedes einzelne enthält eine Botschaft, die für die Themen sensibilisieren kann, sofern sich die Zuschauer darauf einlassen können und vor allen Dingen wollen. „Wenn man mit solchen Stücken Menschen erreicht, die sonst nicht ins Musical gehen würden, schafft man damit unheimlich viel Offenheit“, denkt er nach. „Allerdings gibt es auch die Fangemeinden, die sich alles ansehen würden, so lange nur ihr Lieblingskünstler mitspielt. Da sind die Themen bereits bekannt und das Musicalpublikum halte ich auch schon für sehr offen und tolerant. Das Zünglein an der Waage ist hier das Marketing, welches betrieben werden muss. Die Stücke, die sich mit Themen wie Homosexualität, Coming Out, etc. befassen, sind zwar häufig humoristisch, aber ziehen die Thematik nie durch den Dreck. Ich glaube nicht, dass man Menschen damit abschreckt oder Vorurteile aufbauen könnte.“ Dinge, die sehr eingefahren seien, aber nur schwer zu ändern, sind die Meinungen der Menschen. „Ich würde mir wünschen, dass wir eine Kultur mit mehr Offenheit entwickeln. Ganz Besonders im Hinblick auf neue Stücke. Natürlich muss es die beliebten Kassenschlager geben, aber genauso gibt es kleine Produktionen, egal ob Musical, Theater, Schauspiel oder reines Tanztheater, die genauso schön und sehenswert sind. Wenn jemandem der Name nichts sagt, dann kann er sich trotzdem davon überraschen lassen. Ich glaube, dann wären manche Theater, die sonst um ihre Existenz kämpfen müssen, wesentlich gefüllter. Das täte den Häusern gut und viele Produktionen haben es einfach verdient, dass man ihnen eine Chance gibt“, setzt er sich für mehr Offenheit für das Unbekannte ein.
Uns interessiert, welchen Anreiz es für ihn gibt, sich Charityprojekten anzuschließen. „Elegies“, an dem er aktiv beteiligt war, hat aufgeklärt und Spenden für die Aidshilfe gesammelt, OffStage Germany ist ein gemeinnütziger Verein, dessen Arbeit er gern unterstützt hat und an weiteren Projekten ist er ebenfalls immer wieder zur Stelle, um seine Unterstützung anzubieten. „Charity ist für mich ein unheimlich wichtiges Thema. Wenn ich es zeitlich irgendwie schaffe, bin ich immer bereit auszuhelfen, mitzumachen und anzupacken. Helfende Hände sind überall sehr gut zu gebrauchen und es ist ein gutes Gefühl, die Möglichkeit des Anpackens zu haben. Ich glaube, dass jeder, der irgendwie in der Öffentlichkeit steht, auch eine Vorbildfunktion hat. Natürlich stellt man sein privates Ich nicht komplett ab, aber man sollte sich stets angemessen verhalten. Egal ob auf meinen Social Media Kanälen, wo ich eine Menge Menschen erreichen kann oder an der Bühnentür – ich versuche mich nach bestem Wissen und Gewissen zu verhalten und etwas weiterzugeben.“ Diese Antwort beeindruckt uns sehr und natürlich möchten wir auch wissen, ob es für ihn Idole gibt oder welche Wegweiser maßgeblich für seinen Werdegang gewesen sind. „Konkrete Idole habe ich nicht. Ich habe aber immer versucht, mich weiterzuentwickeln und am allerwichtigsten ist mir, dass ich bei allem was ich mache, immer Leidenschaft habe. Das ist auch das, was mich die letzten Jahre immer vorangetrieben und dazu bewegt hat, auch mehrere Projekte gleichzeitig zu machen. Weil ich einfach Potenzial in Projekten gesehen habe und mich dafür so begeistern konnte, dass diese Flamme in mir an ging und mich einfach nichts halten konnte. So lange ich alles, was ich mache, mit Leidenschaft mache, bin ich vollkommen zufrieden.“ Also ist es das, was Glück für ihn bedeutet? „Ja, auch. Aber vor allem ist es der Fakt, dass ich allein von diesem Job, den ich vor sieben Jahren angefangen habe, leben kann. Natürlich gibt es immer Tage, an denen man weniger motiviert ist, aber der Spaß an meiner Arbeit überwiegt und die Weiterentwicklung meiner selbst sowie das Meistern neuer Herausforderungen geben mir total viel zurück, was mich glücklich macht.“
Musiktheater ist eine Kunstform, die viele Sparten in sich vereint. Gesang, Schauspiel und Tanz sind maßgeblich zum Gelingen einer Produktion gefordert. Viele Darsteller nutzen ihre Popularität, um auch eigene Konzerte zu geben und neue Stile oder Songs auszuprobieren. Welche der Sparten ihm am meisten liegt und ob man ihn zukünftig öfter auf Konzertbühnen sehen wird? „Meine eigene Konzertreihe, die ich seit einigen Jahren in meiner Heimatstadt mache, wird es definitiv weiter geben, auch sonst bin ich immer bereit und froh an Konzerten mitzuwirken. Man kommt damit ein wenig aus dem ‚Trott‘ raus, acht Shows die Woche zu spielen, es ist einfach sehr erfrischend, auch wenn es bei mir immer eher das Musicaltheater sein wird.“ Es sei sehr schwierig, seine eigenen Stärken zu bewerten, bemerkt er. „Ich habe mich während der Ausbildung immer eher als Sänger gesehen. Ich hatte am Anfang mit Schauspiel keinerlei Berührungspunkte, aber gerade Stücke wie ‚Thrill Me‘ oder der ‚Glöckner‘ haben mich unheimlich weiter gebracht und das Schauspiel für mich wesentlich wichtiger werden lassen. Mein Schauspieldozent hat damals immer gesagt, ‚Wenn die Emotionen so groß werden, dass es nicht mehr reicht sie zu sprechen, dann fängt man an sie zu singen.‘ Songs sind nicht einfach nur schöne Lieder die dabei sind, um die Handlung voran zu treiben, sondern der Charakter möchte unbedingt etwas mit diesem Song aussagen. Es ist einfach ein anderer Fokus, ob man schön singen soll oder begreift, dass man einen Song leben muss. Ich denke, man sieht es einem Darsteller auch an, ob er in der Situation wirklich ehrlich darin ist und sich auch auslebt.“
Mit einigen ehrlichen letzten Worten möchten wir das Interview auch beenden und bitten unseren Interviewpartner um ein Statement, ehe er sich auf die Vorstellung in „Stephan Masurs Varietéspektakel“ vorbereiten muss. „Es ist ganz wichtig zu wissen, dass das Künstlerleben nicht immer das schillernde Glanz und Gloria ist, wonach es nach außen hin aussieht. Wir versuchen, uns auf unseren Social Media Kanälen immer möglichst positiv darzustellen, weil wir wissen, dass man oft dazu neigt, sein Leben mit dem Anderer zu vergleichen. Allerdings hat jeder von uns privat auch sein Päckchen zu tragen. Sei es der Beruf an sich, Krankheiten in der Familie, Beziehungsprobleme und Ähnliches. Es geht nicht jedem ausschließlich gut. Allerdings ist es unser Job, uns genau diese Befindlichkeiten nicht anmerken zu lassen und auf der Bühne in eine Rolle zu schlüpfen. Nicht jedes zur Schau gestellte Lächeln heißt, dass wir permanent gut gelaunt sind und uns wohl fühlen. Dieser Aspekt kann nicht oft genug angesprochen werden, damit nicht in Vergessenheit gerät, dass wir alle mit unseren Problemen zu kämpfen haben wie jeder Andere auch!“
Wir danken Gerrit Hericks für die geschenkte Zeit und die offenen Worte. Es hat uns großes Vergnügen gemacht, dieses Interview zu führen und wir freuen uns, ihn weiterhin auf der Bühne begleiten zu dürfen.
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