Interview mit Maya Hakvoort
Maya Hakvoort Music Productions – seit 2004 existiert die Agentur und du realisierst eigene Projekte damit, erst Konzerte, jetzt auch zunehmend Musicalproduktionen – du sagtest einmal, dass du dir damit Herzensprojekte erfüllst. Nachdem im vergangenen Jahr Blutsbrüder im Bruno große Erfolge gefeiert hat, kommt es in der nächsten Woche noch einmal zurück auf die Bühne. Ist es der Erfolg des Stückes, der dies ermöglicht oder tatsächlich auch die Liebe zur Thematik/zum Stück selbst?
Ja, das Thema des Stücks berührt mich sehr, denn Willy Russels Buch erzählt auf sehr kluge und emotionale Art und Weise die Geschichte von zwei Zwillingsbrüdern, die bei der Geburt getrennt werden und in völlig unterschiedlichen sozialen Umfeldern aufwachsen. In einer Zeit, wo das soziale Gefälle zwischen Arm und Reich immer größer wird, ist dieses Stück aktueller und bedrückender denn je. Ich stand bereits 1998 in Blutsbrüder auf der Bühne und war somit voll im Thema, als es darum ging meine erste eigene Musicalproduktion auf die Bühne zu bringen. So habe ich kleinere Veränderungen vorgenommen, die mir am Herzen lagen und bin entsprechend stolz auf diese Produktion – natürlich auch wegen der großartigen Zusammenarbeit mit den wahnsinnig tollen Künstlern, die ich für diese Produktion gewinnen konnte.
Rentiert sich das Unternehmen als zweites Standbein, oder ist es eher zeit- und energieaufwändig, da die Arbeit an den Projekten mehr Aufwand bedeutet, als in einem Musical oder Konzert auf der Bühne zu stehen, welches durch andere organisiert und durchgeführt wird?
Der Gewinn bei einer solchen Produktion ist eher ideeller Natur, denn wenn ich den tatsächlichen Zeit- und Energieaufwand ausrechne, dann rentiert es sich finanziell mit Sicherheit nicht. Aber durch solch eine Produktion kann ich zeigen, welche Vision von Theater ich habe. Ich zeige mein kreatives Potenzial, weil ich als Produzentin, angefangen bei Licht und Ton bis hin zur Besetzung der einzelnen Rollen die Entscheidungen treffen und meine eigene, kleine Bühnenwelt erschaffen kann.
Um auf Blutsbrüder zurückzukommen, was genau reizt dich an diesem sehr intensiven und dramatischen Stoff? Welche Herausforderungen gibt es, als Mrs. Johnstone auf die Bühne zu gehen? Und welche Hürden galt es für dich zu nehmen, um die Thematik real und glaubhaft werden zu lassen?
Mrs. Johnstone trifft durch ihre großen finanziellen Probleme eine fatale Entscheidung und gibt eines ihrer Kinder umgehend nach der Geburt weg. Eine traumatische Situation, die sie nie wieder loslässt. Sie trägt ihr Leben lang dieses bedrückende Geheimnis in sich, während Sie für ihre anderen Kinder eine warmherzige, großzügige Mutter ist, die Alle durchbringt und wofür sie jeden Respekt, jede Hochachtung verdient. Die beiden Seiten der Mrs. Johnstone zu zeigen ist die Herausforderung.
In diesem Jahr bedienst du nahezu alle Genres, die auf dem Markt vorhanden sind. Im Sommer als Mutter von Carrie im First Stage Theater ging es in die Horrorrichtung, mit Mrs. Johnstone aus den Blutsbrüdern wird es noch einmal dramatisch, auch Fräulein Rottenmeier steht in Richtung Familie in Kürze wieder auf dem Programm. Bei Little Me hast du in der deutschsprachigen Erstaufführung in Fürth gespielt und bist als Norma Desmond in Sunset Boulevard in eine altbekannte Rolle zurückgekehrt. Außerdem stehst du in zahlreichen Konzertformaten aller Größen auf der Bühne. Brauchst du diese Abwechslung als Ausgleich, oder worin liegt der Reiz, sich einer Vielzahl an Projekten zu verschreiben?
Ich liebe Abwechslung! Sie bringt mir immer so viel Leidenschaft und neue Energie! Es war ein ziemlich arbeitsreiches, aber auch sehr spannendes Jahr!. Die Norma in Sunset Boulevard hatte ich schon gespielt, deshalb war die Herausforderung einer völlig neuen Inszenierung in Bozen dennoch recht leicht zu nehmen. Carrie im „First Stage – Theater“ war da schon eine ganz andere Nummer – auch wenn ich beim Mitternachtsball in den letzten Jahren schon Songs der Margret White gesungen hatte. Aber die Rolle an sich musste ich mir komplett erarbeiten, was aber wahnsinnig interessant war. Wie gesagt: Projekte zu erarbeiten finde ich richtig gut! – Aber mehr hätte es dieses Jahr auch nicht sein dürfen. Ich bin froh, dass ich nächstes Jahr Zeit habe mich auf Into the Woods gut vorzubereiten, weil es ein ganz neues Stück für mich ist. Die Golde in Anatevka wird ebenfalls neu sein für mich und ich werde einige tolle internationale Konzerte singen: In China darf ich mein Solo-Programm zeigen, in Amerika ein James Bond-Konzert machen und deshalb liegt ein wunderbares 2020 vor mir, auf das ich mich schon sehr freue.
Im kommenden Jahr kommt Stephen Sondheims Into the Woods, was eher heiter ist, mit einer namhaften Cast auf die Bühne. Du selbst wirst dort als Hexe zu sehen sein. Wie ist die Wahl ausgerechnet darauf gefallen? Worauf können sich die Zuschauer deiner Meinung nach am meisten freuen?
Die Zuschauer können sich auf eine wunderbare musikalische Komödie freuen! Oh, wie ich Comedy liebe! Wir wollen mit unserer hochkarätigen Besetzung und unseren echten Top- Musikern eine wunderbare Leichtigkeit in den Sommer bringen. Die Hexe wollte ich ja schon immer mal spielen, weil ich Bernadette Peters in der Broadway-Produktion so großartig fand! Warum es Into the Woods geworden ist? Ich gehe jeden Morgen auf der Burg Liechtenstein spazieren und habe schon überlegt, ob ich es nicht draußen machen könnte, doch das ist nicht zu finanzieren. Also dachte ich: Wieso mache ich es nicht drinnen, wenn ich die Möglichkeit habe, eine neue Produktion zu realisieren. Deshalb machen wir Into the Woods – auch weil ich wollte, dass das neue Stück ein Familienmusical ist, das man auch gut mit Kindern besuchen kann.
Du sagtest einmal, in jeder Figur suchst du die Tiefe und die Geschichte dahinter. Hast du diese in der Hexe bereits gefunden?
Nein, die Hexe muss ich mir noch gut anschauen, da habe ich meine Tiefe noch nicht gefunden. Als Hexe bin ich beleidigt und durchbreche den Zauber, um schön sein zu können – das hat durchaus etwas mit mir zu tun. Ich hatte immer Probleme Schönheiten zu spielen: Bei Elisabeth musste ich die Schönheit ausspielen und ein Regisseur sagte zu mir: „Maya, sei einfach schön.“ Und ich dachte mir: „Du, das ist gar nicht mal so einfach.“ Ich spiele lieber schräge Rollen, vielleicht weil ich so einen größeren Schutzraum um mich bauen kann. Einfach schön zu sein, musste ich lernen. Die Hexe gibt beides her, ich freue mich sehr drauf.
Mit welchem Gefühl sollen die Zuschauer diese Vorstellung verlassen?
Die Zuschauer sollen mit einem Lächeln im Gesicht rausgehen, beschwingt und mit dem letzten Witz noch auf den Lippen. Natürlich wird es auch ein bisschen nachdenklich, wie es in Märchen immer ist. Aber insgesamt sollen die Zuschauer mit einem großen Grinsen im Gesicht nach Hause gehen.
Wie erfolgt die Auswahl derjenigen, die in deiner Produktion an deiner Seite agieren? Hast du ein Stammteam an Regie/Licht/Ton…? Und wie sieht es mit den Kollegen aus, welche in die anderen Rollen der Märchenwelt schlüpfen werden?
Mit Regisseur Dean Welterlen habe ich mich bei den Blutsbrüdern sehr wohl gefühlt, deshalb habe ich ihn gebeten, auch diese Produktion zu inszenieren. Weil Lorna Dawson an der Volksoper verpflichtet ist, arbeite ich dieses Mal in Sachen Choreografie mit dem wunderbaren Team Birgit und Linda zusammen. Licht und Ton machen meine Stammtechniker. Bei den Bühnenkollegen sehe ich mir natürlich diejenigen an, mit denen ich schon gearbeitet habe und wenn dann noch Rollen unbesetzt sind, schaue ich auf die Kollegen, die ich gut kenne. Es ist selten, dass ich mit jemanden auf der Bühne stehe, den ich gar nicht kenne. Und bei Into the Woods ist es auch so, dass ich mit allen Künstlern Freundschaft oder Bühnenerfahrung teile.
Erhoffst du dir, mit Into the Woods auch mehrmals zurückzukehren? Gegebenenfalls nach den Sommerfestspielen im kommenden Jahr auch andere Orte damit zu bespielen?
Tatsächlich habe ich schon darüber nachgedacht, aber es ist gar nicht so leicht ein Tournee-Team zusammenzustellen. Ich bin schon sehr stolz, dass wir die Produktionen in Brunn – mit der Gemeinde – auf die Beine stellen und treffe jetzt schon in Gedanken die ersten Vorbereitungen für die Produktion in 2022. Wenn Into the Woods ein Erfolg wird, dann wäre es einfach wunderbar, wenn andere Theater die Produktion einkaufen würden. Ich persönlich als Produzent würde damit nicht auf Tournee gehen wollen, dafür müsste sich dann ein anderer Veranstalter finden.
Welche Rolle spielt Brunn als Location für dich?
Brunn am Gebirge ist jetzt meine Heimat, ich wohne hier sehr gern mit meinen beiden Kindern. Ich finde es schön, dass ich dem Dorf etwas zurückgeben kann. Brunn hat so viel Natur, ist aber nah an Wien, ich fühle mich hier pudelwohl.
Und abschließend, worauf dürfen wir uns im kommenden Jahr außerdem freuen? Kannst und möchtest du einen Ausblick auf dein Bühnenjahr 2020 geben?
Ein bisschen habe ich ja schon verraten: die James Bond-Gala in Amerika, Solo-Konzerte in Shanghai, Sound of Music-Konzerte natürlich, ich unterrichte am Konservatorium in Wien als Gastdozentin, dann mache ich Heidi, Into the Woods, Respect – eine ganz tolle Produktion in Steinbruch St. Margarethen -, Anatevka in Baden – und dann ist das Jahr auch schon wieder herum…
Zudem gibt es noch eine Produktion im Sommer, auf die ich mich unglaublich freue, die ich aber noch nicht verraten darf…
Beitragsbild (c) Alex List
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