Musical-Abend auf hoher See: „Anything Goes“ in Magdeburg
(rezensierte Vorstellung: 14.12.2024)
Manchmal braucht es nicht mehr als ein wenig Glitzer, Swing und Stepptanz, um den Alltag für ein paar Stunden hinter sich zu lassen – gerade in der dunklen Jahreszeit. Genau das gelingt dem Theater Magdeburg mit seiner Neuinszenierung von „Anything Goes“, der Erstaufführung der von Roman Hinze und Niklas Wagner überarbeiteten deutschen Fassung. Cole Porters Klassiker aus dem Jahr 1934, inszeniert von Melissa King, fühlt sich an wie eine Zeitreise und kommt gleichzeitig überraschend modern daher. Witzig, charmant und mit ordentlich Schwung katapultiert die Inszenierung das Publikum direkt ins Herz der 1930-er Jahre, in die Nachwirkungen der Goldenen Zwanziger und der Großen Depression.
Choreografin und Regisseurin Melissa King findet in der Magdeburger Inszenierung dieses immerhin schon 90 Jahre alten Musicals den richtigen modernen Ton, ohne dass der Zauber des Klassikers dabei verloren geht. Ihre Inszenierung steckt den ohnehin turbulenten Plot voll mit Leben und frischen Ideen. Ob schräge Verkleidungen, chaotische Verwicklungen oder herzerwärmende Romanzen – auf diesem Luxusdampfer, der von Amerika nach England schippert, bleibt kaum ein Auge trocken.
Melissa King schafft es, das bunte Chaos der Handlung in eine gewisse Ordnung zu bringen. Ihre Choreografien lassen die Bühne pulsieren: Von charmanten Gruppenszenen bis hin zu den rasanten Stepptanzeinlagen der Matrosen und Mädchen. Vor allem die Stepptanznummern sind die Highlights der Inszenierung, präzise, lebendig und mit einer Freude, die das Publikum ansteckt. Besonders das furiose Finale des ersten Akts ist ein Spektakel, das die Zuschauer kaum in den Sitzen hält.
Aber es ist nicht nur der große Glamour. Auch die kleinen, witzigen Details in den ruhigeren Szenen tragen zur Magie bei, ebenso wie die Ausstattung des Stücks. Das Bühnenbild von Knut Hetzer ist ein wahrer Hingucker: Die leicht in die Jahre gekommene, aber trotzdem noch die einstige Pracht ausstrahlende Schiffskulisse fängt die Atmosphäre einer glamourösen Kreuzfahrt perfekt ein, während sie gleichzeitig daran erinnert, dass hinter all dem Glanz auch Schatten lauern können. Mit wenigen Drehungen der Bühne verwandelt sich das Schiff vom eleganten Promenadendeck bis hin zu versteckten Ecken, in denen die Figuren ihre Geheimnisse wahren. Die Frisuren und Kostüme von Judith Peter runden das Bild perfekt ab, indem sie den Glanz der 1930er Jahre zum Leben erwecken.
Die Magdeburgische Philharmonie unter der Leitung von Pawel Poplawski bringt Cole Porters unvergängliche Musik zum Strahlen. Der Swing springt mühelos vom Orchestergraben auf die Bühne – und weiter ins Publikum und versprüht eine unbeschwerte Leichtigkeit, die das Publikum ganz in die Zeit des Jazz eintauchen lässt. Aber auch die ruhigeren Momente bekommen Raum um zu glänzen.
Auf der Bühne überzeugt ein Ensemble, das ebenso charmant wie stimmgewaltig ist. Sophie Berner brilliert als Reno Sweeney. Mit ihrer ausdrucksstarken Stimme, einer Prise Humor und tänzerischem Können trägt sie die Show.
Jörn-Felix Alt begeistert in der Rolle des charmanten Schlitzohrs Billy Crocker, der zwischen Verkleidungen und Liebeswirren pendelt. Seine Auftritte sind gesanglich, tänzerisch als auch schauspielerisch ein Genuss. Vor allem seine beständig wechselnden Verkleidungen inklusive der passenden Dialekte sorgen immer wieder für Lacher.
Die junge niederländische lyrische Koloratursopranistin Elvire Beekhuizen, die seit dieser Spielzeit neu im Ensemble des Theaters Magdeburg ist, übernimmt die Rolle der Hope Harcourt, die heimlich in Billy verliebt, aber einem anderen Mann versprochen ist. Beekhuizen sticht stimmlich mit ihrer klassischen Ausbildung aus dem übrigen Ensemble heraus und fühlt sich merklich im Musical-Genre noch nicht ganz zuhause. Doch gerade dieser Umstand bringt eine ganz eigene, besondere Note in die Inszenierung.
Wie von den Musical-Inszenierungen in Magdeburg gewohnt, übernehmen Ensemblemitglieder des Hauses auch etliche Solorollen. Neben Beekhuizen sind das vor allem Undine Dreißig als Hopes Mutter Evangeline, Manfred Wulfert als Geschäftsmann Elisha Whitney sowie Damen und Herren des Opernchors in diversen kleineren Soloparts.
Für die meisten Lacher sorgt der gebürtige Magdeburger Benjamin Sommerfeld in der Rolle des Lord Evelyn Oakleigh. Sein britischer Humor und seine komödiantische Wandlung von steifem Gentleman zu ausgelassenem Tänzer machen ihn zum heimlichen Star des Abends.
Ergänzt wird das spielfreudige Ensemble durch Tom Zahner als gewitzter Moonface Martin und Samantha Turton mit ihrer energiegeladenen Darstellung als Erma. Und natürlich nicht zu vergessen Alan Byland, Rhys George, Kevin Reichmann und Anton Schweizer als singende und tanzende Matrosen sowie die Damen und Herren der Magdeburger Tanzcompagnie. Ihnen ist es zu verdanken, dass die Tanz- und vor allem die Steppnummern zum Hochgenuss werden.
Mit „Anything Goes“ hat das Theater Magdeburg einen echten Volltreffer gelandet. Diese Inszenierung bietet alles, was ein Musical ausmacht: großartige Musik, atemberaubenden Tanz, witzige Dialoge und eine ordentliche Portion Glamour.
Bis zum Ende der Spielzeit steht die Inszenierung noch einige Male auf dem Spielplan. Tickets und weitere Informationen gibt es auf der Website des Theaters Magdeburg: https://www.theater-magdeburg.de/inszenierungen/musiktheater/sz-20242025/premiere-2425/anything-goes/