My Fair Lady

…im Grenzlandtheater Aachen

Premiere: 14. Dezember 2019

 

(c) Kerstin Brandt

 

„Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen“ – Phonetikprofessor Henry Higgins trifft nach einem Opernbesuch auf die junge Eliza Doolittle und nimmt diese mit ihrer kraftvoll-vulgären Aussprache als leuchtendes Beispiel für die Deformierung der Muttersprache. In einem Anflug von Größenwahn tut er kund, dass er es schaffen könne, aus dem Gossenkind ohne Schulbildung, in nur wenigen Monaten und nur durch Vermittlung einer vernünftigen Sprechweise, eine Dame von Welt zu machen. Allein die Vorstellung, statt auf der Straße Blumen zu verkaufen vielleicht einen eigenen respektablen Blumenladen zu führen, lässt Eliza ihn um Hilfe bitten, besser sprechen zu lernen. Higgins geht auf eine Wette mit seinem Bekannten Oberst Pickering ein und bietet ihr kostenlosen Sprech- und Manierenunterricht. „Es grünt so grün…“ wird fortan Elizas ständiger Begleiter und ihre Abschlussprüfung soll nach nur sechs Monaten auf dem jährlichen Diplomatenball im Buckingham Palace sein.

(c) Kerstin Brandt

„My Fair Lady“, das Musical nach dem Roman „Pygmalion“ von Bernard Shaws und dem gleichnamigen Film von Gabriel Pascal, feierte am 15. März 1956 im Mark Hellinger Theatre in New York seine Uraufführung und wurde am 25. Oktober 1961 im Berliner Theater des Westens erstmalig in deutscher Sprache gezeigt. Für das Buch zeichnet Alan Jay Lerner verantwortlich, die Musik ist von Frederick Loewe und die Deutsche Übersetzung lieferte Robert Gilbert.

Das Aachener Grenzlandtheater, „unsere Sardinenbüchse“, wie Intendant Uwe Brandt sein kleines, aber feines Theater liebevoll bezeichnet, schreibt sich als diesjährige Musicalproduktion genau dieses Stück auf die Fahne. Eher für ein größeres Haus konzipiert, stellt My Fair Lady die Verantwortlichen einmal mehr vor eine große Herausforderung. Das Theater bietet lediglich 218 Besuchern in nur sieben langgezogenen und im Halbkreis angeordneten Sitzreihen einen Platz. Ebenso ist die Bühne zwar recht breit, aber nur ein paar Meter tief, was mit aufgebauten Kulissenteilen wenig Platz für das reine Spiel bedeutet. Für Ausstattung und Bühnenbild konnte Theaterleiter Brandt, der in diesem Jahr auch erstmalig die Regie für ein Musical übernimmt, mit Steven Koop einen Mann gewinnen, der gerne Mut zur Lücke beweist und mit den etwas verrückten Kostümen bereits ein erstes Statement setzt. Die Kleider sind bunt, schrill und schillernd, die Frisuren teilweise kleine Kunstwerke.

(c) Kerstin Brandt

Die Bühnendekoration kann auf der kleinen Fläche nicht großartig bewegt werden und muss daher für alles gleichzeitig stehen – der rechte Bereich stellt sowohl imaginär den Blumenmarkt sowie eine Kneipe dar und im mittleren Teil entsteht durch Drehen einiger Bauteile das gemütliche Wohnzimmer Professor Higgins‘ mit Bücherregal, Couch, Lernbereich und einer Treppe, die sowohl als Innen- wie auch als Hauseingangstreppe genutzt wird. Wendet man das Bücherregal, entsteht die Außenansicht des Hauses „in der Straße, mein Schatz, wo du wohnst“. Täglich galant vor dem Haus seiner Angebeteten umherschlendernd, spielt Benedikt Ivo den verliebten Freddy Eynsford-Hill niedlich und sehr überzeugend und lässt eine facettenreiche und schwärmerische Interpretation des jedem bekannten Liedes erklingen.

Im oberen Bereich zu beiden Seiten hinter großen Fenstern, sozusagen in der ersten Etage der Kulisse, versteckt sich die kraft- und schwungvoll spielende, sechs Musiker starke Live-Band. Unter der musikalischen Leitung von Gero Körner, der selbst das Piano zum Klingen bringt, hören wir am Bass Werner Lauscher, am Schlagzeug Steffen Thormählen und an der Violine Nina Leonards. Für gleich mehrere Instrumente, Saxophon, Klarinette und Flöte, steht Gabriel Pérez und die Trompete wird von Marc Huynen gespielt.

(c) Kerstin Brandt

Karina Kettenis wurde am Institut für Musik der Hochschule Osnabrück zur Musicaldarstellerin ausgebildet und spielt hier ihre erste große Rolle sehr überzeugend. Sie gibt Eliza Doolittle zunächst die notwendige Schüchternheit und Naivität, schafft aber eine authentische Steigerung zur durch die harte Schule gereiften Dame. Ihre Stimme klingt rein, klar und voll, allerdings fällt ihr die vulgäre Aussprache im Straßenslang nicht ganz so leicht und ab und an nimmt man ihr diese nicht so ganz ab.

Mit Gido Schimanski steht als Professor Higgins ein echter „Öcher Jong“, ein gebürtiger Aachener, auf der Bühne, der dem tyrannisch-schrägen Sprachlehrer gekonnt Leben einhaucht. Das Zusammenspiel mit Thomas Bayer als Oberst Pickering lässt nichts an Humor und Witz vermissen. Auch Tina Podstawa (Mrs. Pearce), Tanja Haller (Mrs. Eynford-Hill), Axel Weidemann (Zoltan Karpathy) und Dorina Pascu (Mrs Higgins) zeigen sich überaus spielfreudig und bieten eine mehr als gelungene Interpretation ihrer Charaktere.

Eine erfrischende Darstellung des Vater Doolittle bietet Dejan Brkic, dem man sein Studium in klassischem Gesang sofort anmerkt und dessen samtene Stimme einem nachhaltig im Gedächtnis bleibt. Er setzt deutliche Höhepunkte in der Interpretation seiner Soli, agiert fröhlich im Zusammenspiel mit seinen Saufkumpanen und bringt pure Lebensfreude auf die Bühne.

(c) Kerstin Brandt

Die Mitglieder des Ensembles, bestehend aus Céline Vogt, Janice Rudelsberger, Lukas Janisch und Manuel Lopez, nutzen den ihnen zur Verfügung stehenden Spielraum gekonnt aus und begeistern ebenso wie die Damen des Tanzensembles. Marga Render legt die schwierig umzusetzende Choreografie, schwungvolle und trotz wenig Platz mit größtmöglichem Raum an. Es ist immer wieder schön zu sehen, was auch auf einer kleinen Bühne gelingen kann.

„My Fair Lady“ ist eine Geschichte mit wunderbaren Melodien und charmanten Texten. Ob es die so grün blühenden Blüten Spaniens sind, dem Pferd, dem auf der Galopprennbahn in Ascot sprachlich edel ausgedrückt Pfeffer in den Arsch gestreut wird, oder man auf ‚en kleenes Stückchen Glück‘ hofft, fast jeder kennt die eingängigen Ohrwürmer des zeitlosen Dauerbrenners für Jung und Alt. Und wer träumt ihn nicht, den Traum, das große Los zu ziehen und vom Aschenputtel in die High Society aufzusteigen. Dem Grenzlandtheater jedenfalls gelingt der Coup. Die Inszenierung ist bunt, charmant, besonders und sehenswert. Zu sehen ist das Stück noch bis zum 21. Januar an der Hauptstätte in Aachen und im Anschluss bis zum 6. Februar an den unterschiedlichen Tour-Theatern der Städteregion. Eine Zusatzveranstaltung für den 8. Februar wurde ebenfalls bereits zum Verkauf freigegeben. Karten sind über die Website des Theaters https://grenzlandtheater.de sowie an allen bekannten Vorverkaufsstellen zu erwerben.

Weiterführende Links:

Grenzlandtheater Aachen
Karina Kettenis
Gido Schimanski
Tina Podstawa
Benedikt Ivo
Céline Vogt
Lukas Janisch
Manuel Lopez
Gero Koerner
Steven Gordon Koop

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