Interview mit Francisco Sanchéz del Solar
Zum diesjährigen Sommerinterview im Biergarten des kultigen Berliner Theaterzeltes „Bar jeder Vernunft“ durften wir uns mit Francisco del Solar treffen.
Der gebürtige Peruaner hat uns geduldig Rede und Antwort gestanden, über seine Projekte und Leidenschaften berichtet sowie einen Ausblick auf die kommenden Monate gegeben.
Mit etwa zwölf Jahren begann Francisco zu singen und wir wollten natürlich wissen, wie es dazu kam, diese Leidenschaft auch zum Beruf zu machen. Seine Antwort kommt schnell und leidenschaftlich. „Ich habe gesehen, dass meine Eltern in ihrem Beruf unglücklich waren. Ich war so jung, saß bei meinem Vater im Auto und habe mir gedacht ‚Ach, ihr beide seid so unglücklich…‘. Ich wusste, dass mein Papa singt und Gitarre spielt und meine Mama auch mega toll tanzen und singen kann. Ich dachte mir ‚Warum habt ihr nicht zum Beruf gemacht, was ihr liebt?‘ Deswegen habe ich mir geschworen, das mache ich anders. Mich macht es glücklich und ich will meine Leidenschaft zum Beruf haben. Niemals hat das jemand in Frage gestellt.“
Auf die Unterstützung seiner Familie konnte er, wie auch seine jüngere Schwester Andrea, die nur wenige Jahre nach ihm denselben Studiengang an der Universität der Künste in Berlin eingeschlagen hat, stets zählen.
„Mein Papa hat mich dazu gebracht, zu singen. Er hat all die Lieblingslieder, die ich hatte, auf der Gitarre für mich gespielt, um mich zu begleiten. Er ist so musikalisch“, schwärmt er. „Man muss Papa nur etwas vorsingen und er kann es sofort spielen, obwohl er es nicht kennt. So wurde er auch mein erster Gesangslehrer. Seine Technik war: Vertrauen, es einfach zu tun. Mit 16 Jahren hat er mich zu einem Wettbewerb ins Fernsehen gebracht.“
Auch seine Mutter hat ihre Leidenschaft an Francisco weitergegeben, berichtet er. „Es war ihre Routine, jeden Tag eine Stunde mit mir zu tanzen. Sie macht das super gerne und hat immer so wunderschön getanzt. Ganz verschiedene Stile, auch Choreo und so etwas.“
Aber auch von anderen Mitgliedern der Familie gab es liebevolle Unterstützung. „Mein Opa hat mir das Klavierspielen beigebracht, als ich noch ein kleiner Junge war, und meine Tante, die berufsbedingt immer wieder in Holland gearbeitet hat, hat mir mit der UdK geholfen. Sie war diejenige, die mir das Flugticket geschenkt hat, um hier die Aufnahmeprüfung machen zu können.
Ich bin sehr dankbar, dass meine Familie immer da war. Sie haben mich in jeder erdenklichen Art und Weise unterstützt. Dennoch waren sie keine dieser „Manager Familien“, die darauf aus sind, dass das Kind erfolgreich ist und viel Geld macht.
Am Ende waren sie natürlich traurig, dass wir weggegangen sind, aber sie haben es uns nie spüren lassen. Wir haben nie das Gefühl mitbekommen, dass wir ein schlechtes Gewissen haben müssten, unseren Weg zu gehen. Dafür bin ich sehr dankbar“, erinnert er sich gern zurück und verrät auch, wie es dazu kam, dass er mit nur 24 Jahren die 11.000 Kilometer von Lima ausgerechnet nach Berlin gezogen ist.
„Ich war in Peru an einer Deutschen Schule und habe dort eben die Sprache gelernt. Darum kam Deutschland in Frage. Meine Tante, die mal in Europa war, meinte damals zu mir ‚Du wirst Künstler, du bist schwul, du musst hier weg.‘
Lima, meine Heimatstadt, galt in den 90er Jahren nicht als glücklichste Wahl. Ich wollte nach Europa, in die „Erste Welt“. Wir galten damals noch als Entwicklungsland. Für mich war also klar, ich möchte nach Europa, ich kann deutsch, also muss ich nach Deutschland. Es musste eine Großstadt sein. Ich bin ein Großstadtkind und kann nicht ländlich wohnen. Vor allem war das als 24jähriger, der die Welt entdecken will, undenkbar. Über eine Internetrecherche bin ich auf die UdK aufmerksam geworden und habe mich dort beworben. Es musste der Musical-Studiengang sein, denn ich habe in Peru bereits eine Karriere als Sänger und Tänzer gehabt. Da fiel die Entscheidung leicht. Um einwandern zu können, brauchte ich ein Visum, das wiederum bekam ich als Student.
Die Aufnahmeprüfung war im April, ich hatte das Glück, dass es gleich beim ersten Anlauf geklappt hat. Bis zum Studienbeginn im September musste ich noch einmal nach Peru zurückfliegen.“
Seit seinem Abschluss folgte Francisco nie geradlinig einem bestimmten Weg. Viel mehr nutzte er jede Chance, Erfahrungen zu sammeln und neue, ganz unterschiedliche Projekte in die Tat umzusetzen. So spielt er in diversen Musicals, war in Werbespots zu sehen, tritt mit eigenen Soloprojekten auf und wird im kommenden Jahr sein Filmdebut geben. Ob er der Theaterbühne oder der Kamera den Vorzug gibt, erzählt er uns folgendermaßen.
„Ihr werdet mich nicht mehr los!“, schmunzelt er. „Ich glaube, mein derzeitiger Fokus liegt auf Serien, Filmen und Werbung. Im vergangenen Jahr habe ich in einem Film mitgespielt, der im Januar rauskommt. Er heißt ‚Die Kundschafter des Friedens 2‘. Das ist eine Satire, unter anderem mit Katharina Thalbach und Henry Hübchen. In dem Film spiele ich Gitarre, singe und spiele einige interessante Szenen, nur tanzen darf ich da noch nicht. Es ist eine Nebenrolle, in die ich ganz viel Energie investiert habe. Ich bin sehr stolz auf diese kleine Liebesgeschichte, die auch ganz viel von mir selbst zeigt. Da darf ich viele Facetten meines persönlichen, aber auch künstlerischen Seins zeigen. Es schließt sich der Kreis, wo ich ganz viele meiner persönlichen Ausdrucksweisen zusammenbringen darf. Darauf freue ich mich sehr!
Ich versuche, ganz viel Energie zu investieren, gerade mehr vor der Kamera zu machen. Das ist noch neu und aufregend und zugleich aber bleibt das Ergebnis bestehen und man kann immer wieder darauf zurückgreifen. Wenn es sich zeitlich ergibt, stehe ich natürlich auch sehr gern auf der Bühne. Das werde ich auf jeden Fall für immer machen. Vor allem meine Musik liebe ich!“
Die Frage, ob Francisco eher den Brettern, die die Welt bedeuten, oder doch der Kamera den Vorzug gibt, lässt ihn Folgendes überlegen.
„Beim Theater sind die ständigen Wiederholungen oft sehr anstrengend und wenig inspirierend. Es nutzt sich mit der Zeit ab, jeden Abend dasselbe zu machen. Ich gebe zu, dass es im Theater immer etwas viel Menschlicheres gibt, was die Kamera nicht zu bieten hat. Da muss man viel mehr bei sich sein, die Bühne ist so schön, weil es viel echter und ehrlicher ist. Trotzdem hat die Kamera einige Vorteile. Nicht zuletzt, dass man sich immer wieder anschauen kann, was man gemacht hat. Und man muss nicht alles zerproben. Die letzten Tage vor einer Premiere am Theater sind für mich oft schlimm. Das sind Momente, wo der Regisseur oder der Produzent Unsicherheiten hat oder man selbst perfekt sein will. Irgendwann ist es dann einfach tot. Natürlich ist es wie eine Wiedergeburt, wenn die Zuschauer dann endlich dabei sind und reagieren. Aber die letzten Tage bis dahin geht man durch die Hölle. Ich kann mich dann selbst nicht mehr hören und sehen, bis ich endlich weiß, wie es eigentlich rüberkommt. Das Schönste ist es, wenn dann endlich Publikum da ist!“
Wonach suchst du eigentlich deine Rollen aus? Gibt es Kriterien oder Genres, die du ablehnen würdest? „Ich habe in der Vergangenheit Rollen abgelehnt, weil ich gespürt habe, dass sie nicht zu mir passen oder weil mir die Inszenierung nicht zugesagt hat. Ich habe zum Beispiel auch ernsthaft versucht, Webber zu spielen. Judas zum Beispiel habe ich einmal gespielt, aber es ist einfach nicht mein Ding. Das würde ich nicht wieder machen. Bei Che aus Evita habe ich immer gedacht ‚Wow, das könnte ich auch machen. Toller Charakter, temperamentvoll, ein Argentinier…‘, aber als ich mir die Musik nochmal angehört habe, dachte ich mir, ich mag den Geschmack von Webber einfach nicht. Das ist total schade, aber Evita zum Beispiel berührt mich musikalisch überhaupt nicht, daher könnte ich das nie spielen.“
Francisco del Solar ist ein Energiebündel, welches immer positive Vibes ausstrahlt, sowohl auf der Bühne als auch im privaten Gespräch. Die Projekte der vergangenen Jahre und auch anstehende Engagements und eigene Ideen zeigen es. Ob die Balance für ihn stimmig ist und er noch Zeit zum Durchatmen hat? Wir wollten es genauer wissen.
„Ich glaube, was ich mache, ist gerade die fast perfekte Balance. Ich habe die letzten Jahre weniger Großproduktionen gemacht, da die sehr statisch sind und keinerlei Balance zulassen. Ich war zwar bei Auditions für Romeo und Julia oder auch Hamilton, doch das hat nicht sollen sein. Kurz vorm Ende von Hamilton erhielt ich doch noch ein Angebot, aber dafür hätte ich nach Hamburg ziehen müssen. Wenn man en suite spielt, ist man aber für alles andere raus. Das, was ich gerade mache und zuletzt gemacht habe, ist super. Ich habe bei ‚Oh what a night‘ in der Bar jeder Vernunft gespielt, im November bin ich für ein paar Wochen Gastsänger auf einem Kreuzfahrtschiff, der Film hat Spaß gemacht, ich habe Werbespots gedreht, das ist toll. Ich habe auch hier einige Gigs als Sänger. Im letzten Jahr habe ich vom Senat eine Förderung für ‚Afroperuanische Loop Station‘ bekommen, eine Mischung aus Gitarre, Cajon, Gesang und Tanz. Dazu habe ich im vergangenen Jahr an der UdK unterrichtet. Die letzten beiden Jahre waren einfach super vielseitig und ich liebe es!“
Nun, da im Gespräch die beliebte Berliner Show „Oh what a night“ schon einmal Erwähnung gefunden hat, richten wir unsere Aufmerksamkeit auf Franciscos letztes Engagement. Wie bist du überhaupt auf die Show aufmerksam geworden?
„Ich wurde über Jan Großfeld auf die Show aufmerksam. Wir haben zusammen die ‚Nacht der Musicals‘ gespielt und mir erzählt, er würde OWAN spielen. Wir kamen her, um ihn zu sehen. Michael Heller kannte ich schon von meiner Schwester. Die haben gemeinsam in Basel bei ‚Fame‘ gespielt. Wir hatten uns also schon einige Male gesehen. Ich habe in der Show gesessen und mir gedacht: ‚Wow, das sieht nach Spaß aus, ich könnte mir gut vorstellen, das zu spielen.‘ Dann haben Michael und ich darüber gesprochen und beide das Gefühl, dass es funktionieren könnte. Mein Casting ist zwei Jahre her. Ich habe das über Video gemacht und es hat geklappt.“
Die verkörperte Rolle M4 ist auf einen Bass zugeschnitten, nun wurde sie von ihm als Tenor übernommen. Wie stimmlich herausfordernd ist diese Zeit gewesen?
„Ich bin kein Bass, sondern eigentlich Tenor. Als Michi gesagt hat: ‚Du müsstest dann auch Klavier spielen…‘, war ich sofort Feuer und Flamme. Ich bin zwar nicht der Beste mit den Instrumenten, aber ich mache es einfach, weil es mir Spaß bringt. Ich liebe die Vielseitigkeit und die Herausforderung. Die Rolle fordert mich sehr heraus. Ich habe eine Möglichkeit gefunden, damit umzugehen. Allerdings habe ich gemerkt, dass ich parallel nichts anderes machen kann, was stimmlich zu weit abweicht. Ich habe es wirklich versucht und morgens Michael Jackson Songs gesungen und abends dann die Rolle in der Bar jeder Vernunft. Das klang nicht allzu gut und ich habe das gemerkt. Das kann ich nicht sehr gut kombinieren. Allein mit der Rolle bei ‚Oh what a night‘ kann ich glücklich sein und mit dem Sound, den ich gefunden habe. Die Soundleute waren auch super nett und haben viel mit mir kommuniziert. Ich habe hart daran gearbeitet, dass es so rund wie möglich klingt und mit Hilfe der Soundleute einen super Weg gefunden. Die Rolle an sich liegt trotzdem außerhalb meiner Komfortzone als Sänger. Grundsätzlich ist es so, dass ich Stimmen singe, die nicht meinem Fach entsprechen, ich mache Filme, ich spiele Instrumente… Ich traue mir viel zu. Gib mir etwas Neues zu tun, dann bin ich glücklich!“
Glücklich ist auch das Publikum, wenn es eine Show, ein Musical oder ein Konzert auf der Bühne erleben darf. Dass er die Energien und die Reaktionen der Zuschauer sehr schätzt, hat er anfangs schon einmal erwähnt. Welche Unterschiede zwischen den Personen vor der Bühne es gibt und wie er diese wahrnimmt, lässt Francisco kurz überlegen, ehe er antwortet.
„Ich brauche die Energie vom Publikum. Ich bin jemand, der sich gern mit Leuten austauscht. In den kleineren Bühnen finde ich es ein bisschen persönlicher. Ich glaube, die Leute sind viel ehrlicher. Vor allem auch in kleineren Städten. Es gibt so einen Draht, richtig ehrlich zu sein. Ich spüre die Zuschauer, wenn sie sich richtig freuen, ich liebe es, weil das so herzig ist. In der Großstadt sind die Leute eher ein bisschen hysterischer. Sie sind extrovertierter und es vergeht aber auch super schnell wieder. Am nächsten Tag können sie sich schon nicht mehr daran erinnern, dass sie dich gesehen haben. In Stage Theatern in Hamburg waren die Fans der Shows, wo ich war, auch super ehrlich. Ich gebe gern Zeit, wenn mich Leute kennenlernen wollen. Ich mag das sehr. Das ist so schön. Auf der Bühne spüre ich die Energien, aber es ist schwieriger. Man kann da nicht wissen, wie jeder drauf ist. Man spürt eine Gruppendynamik, das ist schwer zu unterscheiden. Darum möchte ich danach auch einzeln ins Gespräch kommen. Mir gibt es ganz viel.“
In einigen Wochen, Mitte September, findet im Bechstein Centrum in Hamburg das „Stars&Stage – MJ Special – The Greatest Hits of Michael Jackson“ statt. Dort wirst du ein Best Off seiner größten Hits zum Besten geben. Warum wird es gerade Michael Jackson? Was reizt dich an seiner Musik?
„Warum Michael Jackson?! Ja warum nicht?! Wer könnte da nein sagen? Ich freue mich wahnsinnig darauf. Ich liebe diesen Groove. Das Rhythmische ist cool. Er schwebt immer über dem Rhythmus, er ist immer funky und es ist egal, ob es eine Ballade ist. Und er hat auch sowas Aggressives. Es ist keine böse Aggression, sondern im Ausdruck so explosiv. Das liebe ich! Für mich ist Michael Jackson einer der talentiertesten Menschen der Welt. Seine Bewegungen und sein Gefühl von Rhythmus sind der Wahnsinn. Und ich gebe zu, ich hatte mich noch nie so sehr damit beschäftigt, wie er singt. Ich tanze ja meistens, habe vor vielen Jahren nur einmal Billy Jean gesungen. Das war nicht so einfach. Jetzt singe ich die ganzen Balladen, das hohe Falsetto und das ist so geil. Ich habe als Kind gesungen, als ich noch nicht im Stimmbruch war und ich erinnere mich daran, wie es war und genieße das jetzt total. Jetzt ist das für mich eine Freude an mir zu arbeiten. Ich möchte ihn nicht imitieren, sondern arbeite an mir. Ich versuche herauszufinden, was ihn ausmacht. Was ist dieses ‚Michaeljacksonesque‘. Manches fühlt sich sehr gut an, manches muss ich sehr hart erarbeiten und es fühlt sich nicht gut an. Wir haben die Setlist fertig zusammengestellt und schauen jetzt, was funktioniert und was nicht.“
Warum ist es bei der ganzen Arbeit nur ein einziges Konzert?
‚One night only‘, es ist alles eine Geldfrage. Wir haben natürlich mehr Konzerte geplant. Wir wissen noch nicht, wie es ankommt. Daran liegt es. Jetzt sind schon mehr als die Hälfte der Tickets verkauft, einige Karten sind noch verfügbar.
Ich bin kein Verkäufer, sondern Sänger. Ich möchte mir keine Gedanken über die Auslastung machen. Je mehr Leute kommen, desto besser ist die Energie im Publikum. Aber es gibt etwas an genau dieser Location und der Musik, das sehr intim ist. Das Konzert wird einen solch intimen Charakter haben. Wir freuen uns auf euch, egal wie viele ihr seid, wir machen was für uns. Die Location ist toll.“
Wer sich das Konzert in der coolen Location nicht entgehen lassen möchte und Francisco einmal live und hautnah erleben will, sollte schnell zuschlagen und hat die Möglichkeit unter https://www.matimusic.de/event-details/stars-stage-mj-special ein Ticket zu erwerben.
Francisco gibt auch Solokonzerte und wir sind natürlich neugierig, wie diese aussehen und welche Art Songs er dort zum Besten gibt.
„Ich habe im Juli zwei Konzerte gegeben. Eins für die peruanische Botschaft zum peruanischen Unabhängigkeitstag. Dort habe ich afroperuanische Musik gespielt mit Cajon und akustischer Gitarre, meine Schwester war auch dabei. Lateinamerikanische Folklore klingt ein bisschen wie ein Walzer, hat aber auch sehr unterschiedliche Genres. Es ist sehr percussive, erzählerisch. Aber sehr schön.
Das andere Konzert war auf dem Brückenfest in Schöneweide. Da habe ich in einer alten Kita Hits gesungen. 80s Rock von Freddie Mercury, aus Enchanted, Santana, etwas Latin und auch 60er und 70er Songs. Ich konnte singen, was ich wollte und schöpfte aus meinem Repertoire. Bei Open Air oder Sommerfesten singe ich immer gern Show. Ich bin und bleibe ein Showgirl. Ich mag das gern. Es muss ‚knallen‘. Ich habe auch ein paar Balladen, wo ich zerbrechlich ätherisch erzählen darf. Auf dem Sommerfest habe ich tatsächlich auch mit den Leuten interagiert, habe Kinder auf die Bühne geholt, Fragen gestellt… Ich liebe das Interaktive bei meinen eigenen Konzerten. Und ich liebe es viel zu tanzen.
Ich fange gerade an, mit meiner Schwester ein Soloprojekt anzubieten. Wir haben die Band und das Konzept fertig und suchen nach einem Veranstaltungsort. Es wird sehr angelegt an das, was ich hier in der Bar jeder Vernunft als Franjo/Franzl gespürt habe. Dass Franzl jetzt auch mal den ganzen Abend erzählt und singt und meine Schwester Andrea dabei ist. Im Herbst wollen wir das in Angriff nehmen und ich hoffe, dass es bald klappt. Spätestens im Oktober!“
Ein gutes Engagement zu finden, was zu einem passt, ist für jeden Künstler eine kleine oder größere Herausforderung. In welche Schubladen wird man gesteckt, gibt es Hürden zu überklettern und welche Art der Zu- oder Absagen ist dir lieb?
„Ich reite die Wellen wie sie kommen! Entweder man geht mit oder man geht unter. Ich bin taff, ein Großstadtkind aus Südamerika und ich übernehme die Verantwortung für mein eigenes Fortkommen. Es liegt an mir, mich anzubieten und zu den Castings zu gehen und zu sagen: Hier bin ich!‘. Ich sage, was ich zu bieten habe und entweder man mag mich oder eben nicht. Ich muss damit leben, dass man mich nicht nimmt. Ich habe oft Absagen mit der Begründung ‚zu speziell‘ bekommen. Vor allem hier in Deutschland. Das ist okay, lieber bin ich zu speziell als zu langweilig! Je älter ich werde, desto weniger versuche ich, irgendwo rein zu passen. Wenn ich das versuche, erkenne ich die Schubladen, die vorgegeben werden. Ich kann mich technisch gesehen natürlich anpassen, dann werde ich aber nicht glücklich. Ich kenne meinen Beruf und möchte das Beste geben, was ich kann. Das geht nur mit einer gewissen Ehrlichkeit. Wenn ich mich selbst wohl fühle, ist es auch nicht so schlimm, eine Absage zu erhalten. Dann bin ich manchmal sogar dankbar dafür. Ich möchte als Francisco wahrgenommen werden und nicht als eine falsche Vorstellung von dem, wer oder was Francisco sein soll. Es gibt natürlich immer einen Rahmen, in dem man sich anpassen muss, aber ich freue mich immer, so viel wie möglich von mir geben zu dürfen und mich nicht zu verstecken.“
Als Künstler fehlt es einem manchmal an der nötigen Work-Life-Balance. Gerade, wenn es zahlreiche Projekte gleichzeitig zu verwirklichen gilt. Wie es dem Privatmenschen Francisco damit geht, welchen Ausgleich er hat und was er, seit er zum Weltenbummler wurde, vermisst, wollten wir in Erfahrung bringen.
„Was ich vermisse? Den Pazifik. Ich vermisse den Ozean. Und meine Familie. Mit meinen Freunden, meiner Schwester und ihren Kindern und meinem Freund kann ich die Familie so ein klein wenig ersetzen. Ich bemühe mich, jedes Jahr nach Lima zu fliegen. Bis jetzt habe ich das auch fast immer geschafft. Das Ozeangefühl vermisse ich. Viele Leute verstehen das nicht, aber es fühlt sich so an, als ob ich eingesperrt wäre. Ich bin 5 Gehminuten vom Pazifik entfernt aufgewachsen. Lima liegt auf einem Kliff. Ich konnte den Ozean von oben sehen. Das Gefühl von Weite und der Geruch des Meeres gibt mir das Gefühl frei zu sein. Ich liebe die Natur hier in Berlin. Herbst oder auch Schnee kannte ich vorher nicht. Ich liebe auch die Seen hier in der Umgebung. Aber es ist nicht die Öffnung zum Ozean. Das Gefühl habe ich nicht mal am Mittelmeer. Es ist nicht zu Hause.“, antwortet er fast ein wenig wehmütig.
Früher habe er viel getaucht, und während der Pandemie habe er das Inlineskaten für sich entdeckt, lässt er uns wissen. „Ich bin ein wenig undiszipliniert mit der Balance. Ich bin ein Workaholic und liebe, was ich tue. Man kann sagen, das ist mein Hobby. Ich habe nicht umsonst mein Hobby als Beruf. Ich singe aus Spaß und Musik trägt mich.
Früher bin ich auch viel verreist, gerade aber eher häuslich. Im Moment spiele ich super viel Volleyball. Mehrmals die Woche. Ich habe mir beigebracht, Gitarre zu spielen, weil es mich entspannt. Ich lerne überhaupt gern Instrumente.
Mein Freund hat eine Ausbildung als Yogalehrer gemacht. Das mache ich jetzt auch viel. In der Pandemie hat es mir sehr geholfen runter zu kommen. Die Zeit war die Hölle für mich, ich mag Menschen. Ich bin immer mit Menschen zusammen, das ging dann nicht und ich habe mit Yoga angefangen.“
Das Reisen habe er an den Nagel gehängt, um sein berufliches Netzwerk Stück für Stück zu erweitern und das ließe sich nicht damit vereinbaren, ständig unterwegs zu sein, erzählt er. Dennoch lässt er sich seine Hobbies nicht nehmen, „Ich liebe Musik, höre gern viel Salsa, Reggae, Latin, Techno, Afro, Ibiza Beats mit viel Rhythmus. Gerade lese ich übrigens ein Buch zum Zen, zur orientalischen Philosophie. Das mag ich. Ich lese auch gern Fachbücher über Soziologie. Ich bin ein kleiner Nerd und ich mag internationale Independent-Filme. Nicht unbedingt die Blockbuster. Ich schaue auch gern Sport. Olympische Spiele zum Beispiel und Gymnastik…“
Was sonst noch wissenswert ist, und nicht ungesagt sein sollte, möchten wir wissen und es fällt schnell eine ausführliche Antwort.
„Ich würde gern sagen, wie mein Leben war, bevor ich nach Deutschland kam. Ich war in Peru kein Unbekannter, hatte eine Karriere als Sänger und Tänzer. Ich hatte eine CD mit Sony Music Peru und ein Video mit MTV Latin America. Ich habe im Fernsehen getanzt und Popmusik gemacht. Es ist so lange her und ich bin stolz darauf, in Lima bei der Talentshow so früh angefangen zu haben.
Ich könnte mir sogar vorstellen, so etwas hier noch einmal mitzumachen. Wer weiß, vielleicht habe ich ja sogar schon ein Video eingeschickt?“, schmunzelt er und fährt fort: „Man muss natürlich wissen, was einen da erwartet und welche Geschichten sie sehen wollen. Ich bin immer sehr ehrlich, halte solche Shows aber für einen guten Weg, sich selbst zu vermarkten und Menschen auf sich aufmerksam zu machen.
Übrigens habe ich von Produzenten in Film oder Stadttheatern oft als Feedback bekommen, ich soll mich nicht so offen freuen, nicht so viel lächeln, sonst könnten die Leute denken, ich sei dumm. Manchmal ist es aber vielleicht sogar besser, wenn die Menschen einen unterschätzen. Ich bin eben sehr extrovertiert, immer in Bewegung und mein Gesicht verrät meine Stimmung ganz gut.
Ich freue mich auch wahnsinnig darauf, wenn der Film endlich erscheint. Das wird meine eigene Performance noch einmal ein ganzes Stück voranbringen und beeinflussen. Ich kann darüber neue Kontakte knüpfen, mein Netzwerk erweitern und Reichweite generieren. Behaltet es im Blick, bald gibt es Neuigkeiten von mir. Wie vorhin schon erwähnt, ihr werdet mich nicht mehr los.“
Zu guter Letzt fragen wir noch nach einem Motto, welches ihn beflügelt und welches er uns und unseren Lesern mit auf den Weg geben möchte.
„Genieße das Leben, wir sind hier nur vorübergehend. Sei dankbar und glücklich. Du hast die Fähigkeit glücklich zu sein! Das ist nichts, was von außen kommt oder was man verdient, sondern eine Einstellung. Man weiß nie, ob man das Richtige tut, richtig entscheidet, aber man muss auf sein Bauchgefühl hören!“
Wir danken Francisco del Solar für das offene Gespräch, seine Zeit und seine Geduld, uns nicht nur unsere Fragen zu beantworten, sondern auch ein wenig in seine Gedankenwelt mitzunehmen. In vielen tollen Sommershows bei „Oh what a night“ durften wir ihn bewundern und freuen uns sehr auf die nächste Spielzeit und das kommende Konzert in Hamburg, bei dem wir ganz neue Töne zu hören bekommen werden. Kommt mit und begleitet uns!
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