Interview mit Frank Nimsgern
Im Zuge unserer Pianisten-Interviewserie hatten wir die Möglichkeit, Frank Nimsgern für ein Gespräch zu gewinnen. Als musikalisches Multitalent ist er aus der deutschen Komponistenszene mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Nimsgern ist unter anderem als Pianist, Gitarrist, musikalischer Leiter und Komponist bekannt. Seine Werke reichen von Filmmusiken bis hin zum Musical. Über seine “erste große Liebe” und die Gedanken zu seinem mit viel Herzblut ausgeführten Job spricht er in unserem nachfolgenden Interview.
In welchem Alter hast du zu spielen begonnen und gab es einen Auslöser, der den Wunsch nach 88 Tasten geweckt hat?
Bedingt durch den Beruf meines Vaters Siegmund (Anm. der Red.: Opernsänger, mehrfacher Grammy Award Gewinner, auf allen Bühnen dieser Welt zuhause und hat über 300 CDs eingesungen) wurde ich bereits im Alter von nur 7 Jahren mit Klassik förmlich gedrillt. Für mich war eigentlich schon immer klar, dass ich mal was in diese Richtung machen werde.
Wolltest du das Spielen je hinwerfen, oder gab es längere Pausen? Warum war das so und warum ging es dann doch weiter?
Ja, ich wollte das Klavierspielen tatsächlich mal aufgeben. Ich habe mein Interesse am Gitarrenspiel entdeckt und war mir mit 12 Jahren sicher, damit einfach mehr Mädchen beeindrucken zu können. Mit 13 Jahren fing ich dann wie ein Wahnsinniger an, mich bei den besten Lehrern in Jazz & Rock ausbilden zu lassen. Natürlich lief die Klassik immer noch mit, aber mein Herz war zu der Zeit doch eher den etwas moderneren Stilen verschrieben.
Wie kam es dazu, dass du auch beruflich spielen wolltest? Gab es ein Schlüsselerlebnis?
Die Musik, besonders meine eigen geschriebene, war wie eine Therapie um den Blues der Pubertät zu überleben. Alle meine Ferien verbrachte ich in entsprechenden Trainingscamps der Berkley University oder bei internationalen Jazz-Workshops – es war wie eine Droge, und meine erste wirkliche Liebe!
Welches ist eigentlich „dein“ Instrument und warum? (Klavier, Flügel, E-Piano, anderes?) Gibt es eine Anekdote dazu?
Das ist für mich ein guter Flügel – und für den direkteren Touch Gitarren in allen Variationen.
Komponierst du auch? Falls ja, welche Bedeutung hat dies für dich?
Ja, ich komponiere (Anm. der Red.: elf Uraufführungen von Musicals an großen Staatstheatern, u. a. dem Friedrichstadtpalast Berlin sowie Las Vegas und über zwei Dutzend Filmmusiken für bspw. ARD und ZDF stammen aus seiner Feder). Komponieren ist für mich wie Sauerstoff zum Atmen. Aber auch live zu spielen und als Produzent für Andere zu fungieren, ist für mich nach wie vor ein großes Abenteuer.
Spielst du eher mit dem Herzen oder mit dem Kopf? Was ist dir persönlich wichtiger, die Technik oder das Gefühl?
Durch meine sehr fundierte Ausbildung musste ich lernen loszulassen, also beim Spiel eher technisch statt emotional zu denken. Heute zählt für mich mehr, was mich berührt und in meinem Herzen ankommt – ich spiele somit also eher mit dem Herzen, dabei aber mit einem riesigen Repertoire an Stilen und Skills im Hinterkopf.
Gibt es einen Unterschied zwischen (Konzert)Pianist und Pianist (begleitend)?
Ja klar! Ein Konzertpianist sollte die klassischen Klavierkonzerte spielen können. Dazu gehöre ich nicht, aber das war auch nie mein Ansatz. Ich habe immer versucht zu kreieren, weniger zu reproduzieren.
Welche fünf Eigenschaften braucht ein guter Pianist?
Stilistische Flexibilität, zu wissen was man spielt – also Harmonisches Wissen, Timing, Geschmack und eine große Portion Humor.
Welche musikalischen Vorbilder hast du?
Vorbilder im menschlichen gedacht weniger – es waren eher diverse Werke. Dazu gehören Bach, Mozart, Wagner, Mahler, Pete Townshend, Peter Gabriel, Bill Evans, Pat Metheny, Toto, Elton John, Beatles, Zimmer oder Bernstein… Die Liste ist sehr lang.
Du komponierst seit vielen Jahren Musik für unterschiedlichste Genres. Gibt es hier Favoriten, die du lieber bedienst als andere? Aus welchem Grund ist das so?
Das ist immer unterschiedlich und ich mag vieles. Nach einer großen Musicalproduktion freue ich mich wieder darauf eine Filmmusik anzugehen, dann wieder auf eine Solo CD Produktion z B. von Mark Seibert oder den Gentlemen of Voices. Die Mischung macht es für mich interessant und ich liebe die Herausforderung. Man muss aufpassen, sich nicht zu wiederholen. Ich schlüpfe gerne in verschiedene Rollen und bilde mich ebenso gerne stilistisch fort.
Musikalisch bist du auf der ganzen Welt zu Hause, hast unzählige Länder bereist und Millionen Menschen kennen deine Werke. Wie fühlt es sich an, derartige Erfolge zu erzielen und hast du damit zu Beginn deiner Laufbahn je gerechnet?
Bereits seit ich 15 Jahre alt war hatte ich diesen Traum, habe aber nie gedacht, dass dieser mal Wirklichkeit werden könnte. Ich bin sehr, sehr dankbar heute davon leben zu können.
Welches deiner Geisteskinder gefällt dir selbst am besten und aus welchem Grund?
Die Produktionen “Elements” und “Qi” im Berliner Friedrichstadtpalast z. B. waren mir absolut wichtig. Das Theater stand kurz vor dem Aus und wir haben es mit diesen Produktionen, die weit über eine Million Zuschauer erreicht haben geschafft, dieses wahnsinnig große Haus mit über 1700 Sitzplätzen zu retten. Dann gibt es da noch „Snowwhite“ und „Der Ring“, welche seit 20 Jahren immer wieder neu aufgeführt werden. Das ist für uns deutsche Komponisten sehr schwierig und einfach ein großer Erfolg.
Gestaltet sich die Zusammenarbeit mit dir deiner Meinung nach als schwierig, oder bist du eher umgänglich und fügst dich gut in bestehende oder neu zusammentreffende Teams ein?
Ich hatte das Glück mit den besten Regisseuren und Intendanten zusammen arbeiten zu dürfen. Ich denke, wenn man so auf Augenhöhe zusammenarbeiten kann, bin ich sehr teamfähig.
Wer ist dein größter Kritiker? Perlt solche an dir ab, oder holst auch du dir Bestätigung für deine Arbeit, vielleicht sogar bevor du Werke veröffentlichst?
Kritik perlt nie einfach so an einem ab. Mir ist es aber weitaus wichtiger, dass mein Werk beim größten Teil des Publikums emotional ankommt. Ich höre mir aber natürlich jede Meinung an und bin daher auch immer im Dialog mit den Kritikern. Dennoch kaufen die Zuschauer die Tickets für unsere Werke, nicht die Kritiker.
Entstehen Freundschaften auf der Bühne, oder wahrst du eher Distanz, trennst Privatleben und Berufliches?
Auf den sozialen Medien trenne ich Berufliches sehr wohl von Privatem, aber mit den meisten meiner Kollegen habe ich ein freundschaftliches Verhältnis.
Gibt es wiederkehrende Elemente, denen du dich immer wieder aufs Neue bedienst, oder auch Stilrichtungen, die du meidest?
Nein
Welchen Beruf hättest du ergriffen, wärst du nicht Musiker geworden? (und warum?) Kannst du dir das überhaupt noch vorstellen?
Ich denke, dann wäre ich Regisseur, Autor und Produzent für Film und Theater.
Welchen Ausgleich zur Musik hast du? Hobbies, Leidenschaften… Fühlst du dich bisweilen auf deinen Beruf reduziert, wie gehst du damit um?
Nein! Ich fühle mich absolut nicht auf meinen Beruf reduziert. Musik ist für mich wie die Luft zum Atmen – sie beginn dort, wo Worte nicht mehr reichen. Ansonsten treibe ich viel Sport – Kraftsport oder Cardio-Training und ich spiele Tennis und Ping Pong.
Wir danken Frank Nimsgern für seine Zeit und die interessanten Einblicke in seine Arbeits- und Gedankenwelt!
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Fotos: (c) Frank Nimsgern
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