Merci Cherie
…eine Hommage an Udo Jürgens
im Stadion Niederrhein, Oberhausen
am 6. Juli 2021
Wer kannte oder vielmehr kennt ihn nicht – Udo Jürgens (Jürgen Udo Bockelmann, 30.09.1934 – 21.12.2014) – war einer der erfolgreichsten Unterhaltungsmusiker im deutschsprachigen Raum. Als Komponist, Pianist und Sänger schrieb er seine Lieder selbstredend selbst und offenbarte in seinen Texten nicht selten seine höchsteigenen Gedanken und Gefühle. Seine Musik kennen ganze Generationen und auch noch heute ist sie aktueller denn je. Oft fröhliche Ohrwürmer, aber eben genau so oft ging er tiefgründige, teils politisch aktuelle Themen an und hinterfragte so manche Tatsache ein wenig näher. Lauscht man konzentriert seinen Texten, beginnen nicht selten auch bei seinen Zuhörern die Gedankenkarusselle zu kreisen und seine dargestellten Emotionen werden zu eigenen.
Mit „Merci Cherie“ stellt Veranstalter Sound of Music Concerts mit seinem kreativen Kopf Andreas Luketa eine Hommage an den Ausnahmekünstler Udo Jürgens auf die Bühne, die diesem absolut gerecht wird. Luketa bedient sich dazu einiger Original-Darsteller aus dem Udo Jürgens-Musicalhit „Ich war noch niemals in New York“, welches seit seiner Uraufführung am 2. Dezember 2007 in Hamburg immer wieder auf den Spielplänen der deutschen Theaterwelt zu finden ist. So stand Annika Bruhns von 2007 bis 2010 als alternierende und Sabine Mayer 2010 als Erstbesetzung Lisa Wartberg auf den schwankenden Planken des die Hauptkulisse bildenden Ozeandampfers. Lange Jahre schlüpfte Karim Khawatmi, der Axel Staudach seinen Charme verlieh, in die Rolle des männlichen Hauptcharakters und Andreas Bieber verkörperte den schwulen Freund und rechte Hand Lisas, Fred Hofmann.
Bereits im vergangenen Jahr ging Sound of Music, bedingt durch die Pandemie-Lage, neue Wege, verlegte seine Spielstätte versuchsweise als Open Air auf die Tribüne des Stadion Niederrhein in Oberhausen und erntete damit großen Anklang bei seinem meist wiederkehrenden Publikum. Wieso also nicht auch ein Format wie „Merci Cherie“ auf der Außenbühne zeigen, wo durch die derzeitigen Lockerungsmaßnahmen dann auch die Gassenhauer wie „Aber bitte mit Sahne“ oder „Mit 66 Jahren“ laut in den Zuschauerreihen echoten und für eine großartige Stimmung sorgten. Mit auf der Bühne auch diesmal die hauseigene Band unter der Leitung von Mario Storck (Keyboard) mit Astrid Nägele (Cello), Stephan Birkmeyer (Gitarre), Sebastian Plewka (Drums/Percussion), Marina Komissartchik (Piano) und Rolf-Dieter Mayer, einem langjährigen Weggefährten Jürgens‘, am Bass.
Die Cast-Mitglieder durften allesamt den großen Entertainer und, wie sie betonen, wunderbaren Menschen Udo Jürgens persönlich kennenlernen. In jeder ihrer Interpretationen spiegelt sich Respekt sowie Dankbarkeit wider, dass dieser ihnen die Angst nahm und freie Hand ließ, seine Songs zu ihren eigenen zu machen. Die Lieder sind passend gewählt, geschickt zusammengestellt und treiben das Publikum über gut zweieinhalb Stunden durch eine wahre Gefühlsachterbahn, ohne aber jemals das Gleichgewicht zu verlieren. Thematisch unterteilt in unterschiedliche Blöcke, die sich unter anderem mit zwischenmenschlichen Problemen, einer musikalischen Landkarte oder dem Mittelpunkt des Lebens beschäftigen, stehen immer wieder andere gesangliche Zusammensetzungen oder Soli im Vordergrund. Besondere Erwähnung müssen hier „Der gekaufte Drache“, zu Tränen rührend vorgetragen von Andreas Bieber, oder „Mein Ziel“ finden, mit dem es Annika Bruhns gelingt, die vorher vielleicht kreisenden Gedanken wieder zurück ins Hier und Jetzt zu holen und sich mit sich selbst und seinen eigenen Träumen auseinanderzusetzen. Gerade dem Song „10 nach 11“, dargeboten durch das Ehepaar auf der Bühne, Sabine Mayer und Karim Khawatmi, liegt eine besondere Emotionalität inne, lässt man den Text und eben die Beziehung der beiden Sänger auf sich wirken – er beschreibt eine Situation, der gerade Künstlerpaare nahezu täglich ausgesetzt sind.
Gespickt und aufgelockert wird der musikalische Reigen durch wunderbar vorgetragene und aussagekräftige Zitate Jürgens‘, die lebensnah seine eigenen, oft weisen Gedanken wiedergeben. „… Das JA zum Leben, war dabei stets ein NEIN zu Einsamkeit, Traurigkeit, Verzweiflung und Resignation!“ Und so kann es auch nicht verwundern, dass Jürgens, der noch kurz vor seinem völlig unerwarteten Tod ein neues Album auf den Markt brachte, welches er ausgerechnet „Mitten im Leben“, da wo er und seine Lieder stets standen, titelte. Und genau dieses Gefühl von mitten im Leben spüren die Zuschauer nicht nur während des gesamten Konzertes von der Bühne aus, sondern nehmen es, nach dessen wieder gefühlt viel zu frühem Ende, auch für und in sich selbst mit nach Hause.
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