West Side Story

am Theater Oper Bonn

Premiere 15.09.2019 – Rezensierte Vorstellung: 5. Oktober 2019

 

(c) Thilo Beu / Theater Bonn

Es dauerte eine Zeit, eh die „West Side Story“ am 26. September 1957 im Winter Garden Theatre in New York City zur Uraufführung gebracht werden konnte. Choreograph und Produzent Jerome Robbins sowie der damals schon recht bekannte Leonard Bernstein begannen bereits 1949 ein neues Stück, angesiedelt abseits der damals vorherrschenden Oper, im Bereich des Musicals zu konzipieren. Für das Buch zeichnete Schriftsteller, Regisseur und Broadway-Drehbuchautor Arthur Laurents und für die Gesangstexte niemand Geringeres als Stephen Sondheim verantwortlich. Ihre Idee war eine moderne Version von William Shakespeares Bühnenklassiker „Romeo und Julia“, adaptiert in ihre Zeit als Kontroverse zwischen Juden und Christen. Nur kurze Zeit später wurde die Idee allerdings wieder in die Schublade verbannt, bevor Bernstein 1955 einen weiteren Versuch unternahm, das Stück fertigzustellen. Der ihm jetzt altmodisch erscheinende zunächst gewählte Hintergrund wurde erneut verjüngt und sollte nun die ethnischen Konflikte der Einwanderungspolitik thematisieren. Aber tatsächlich erst zwei Jahre später rückte die Umsetzung auf der Bühne in greifbare Nähe. Die „West Side Story“ wurde ein voller Erfolg, ist bis heute zu immer wieder an den unterschiedlichsten Theatern in aller Herren Länder zu sehen und konnte sich die Position als eines der meistgespielten Musicals überhaupt erobern. Die eigentlich verbotene Liebe zwischen zwei jungen Leuten zieht und zog immer wieder Menschen in ihren Bann, kann problemlos aktuell gehalten werden und findet in jeder Zeitepoche seine Thematik. Ihr deutschsprachiges Debut erlebte die „Mutter des Musicals“ 1968 in Wien, gilt mittlerweile als Kult und hat seither wenig an Begeisterungsfähigkeit eingebüßt.

(c) Thilo Beu / Theater Bonn

Die Geschichte kennt nahezu jeder. In den Straßen New Yorks brodelt ein Straßenkrieg, in welchem sich die rivalisierenden Jugendgangs, die „Jets“, in ihrem Land die Einheimischen und die „Sharks“, eine Gruppe eingewanderter Puerto Ricaner, gegenüberstehen. Tony, ehemaliges Mitglied der Jets, und Maria, die Schwester des Sharks-Anführers Bernardo, verlieben sich auf den ersten Blick ineinander. Trotz aller aufkommenden Widerstände halten sie an ihrer Liebe fest. Als jedoch Tonys bester Freund Riff durch die Hand von Marias Bruder Bernardo getötet wird, lässt sich Tony verleiten seinerseits diesen umzubringen. Die Tragödie ist nicht mehr aufzuhalten.

Die wunderbaren Songs wie beispielsweise „Maria“, „Tonight“, „Somewhere“ oder „America“ sind weltbekannt. Musik und Bewegung verschmelzen in diesem mitreißenden Musical zu einer perfekten Symbiose und es vereinen sich abwechselnde Rhythmen aus Jazz, Oper und lateinamerikanischen Klängen mit großartigen Tanzszenen.

(c) Thilo Beu / Theater Bonn

Das Theater Oper Bonn hat sich in diesem Jahr eine Neuinszenierung eben dieses Klassikers auf die Fahnen geschrieben und gewinnt dafür Regisseur Erik Petersen, dem es gelingt, eine atemberaubende Inszenierung auf die Beine zu stellen. Angefangen von der perfekt gewählten Cast bis hin zum groß angelegten Bühnenbild, welches sehr originalgetreu einer U-Bahn Station nachempfunden und über mehrere Etagen bespielbar ist. In der obersten Etage das Modegeschäft, in dem Maria und Anita arbeiten, zwischendrin eine Bar und im Untergeschoss Docs Kiosk sowie ein Imbiss. Die Zuwege werden über Treppen geführt – an der unteren wurde Sergeant Krupkes Büro, mit Blick ins Zentrum der sich revalisierenden Jugendgangs, untergebracht. In der U-Bahn herrschen die Jets, schon die Graffiti an den Wänden stellen dies unmissverständlich klar. Ein Geniestreich sind die tatsächlich sowohl im Hinter- als auch im Vordergrund einfahrenden U-Bahnen, die Szenenwechsel ohne Unterbrechungen erlauben und die Figuren realistisch anmutend von einem Spielort zum nächsten führen. Marias Haus entsteht auf einem Vorhang, der herabgelassen die anderen Kulissenbausteine abdeckt. Moderne Kleidung (Dirk Hofacker) – blau die Jets und schwarz die Sharks – und angepasste Sprache vertreiben die 50er Jahre und bringen die Handlung in die heutige Zeit. Selbst Lieutenant Schrank wirkt mit Straßenkleidung, langen grauen Zotteln und ohne Uniform mehr als Sozialarbeiter denn als Polizist.

(c) Thilo Beu / Theater Bonn

Mit der Cast treffen die Verantwortlichen ausnahmslos voll ins Schwarze. Allen voran Jan Rekeszus – ihm gelingt eine Interpretation des Tony, der die Zuschauer mitfiebern und mitfühlen lässt. Äußerst charmant, strahlend lächelnd und verliebt in der Werbung um seine Maria, eisern was seinen Rückzug von den Jets betrifft, aber dennoch brechen gegen Bernardo Emotionen wütend und aggressiv aus ihm heraus. So leicht, wie er im Umgang mit Maria wirkt, so hart und unerbittlich steht er auf der anderen Seite. Seine Mimik und Gestik unterstreichen gekonnt alle gespielten Situationen und wirken zu jeder Zeit glaubhaft und echt. Dies gekoppelt mit seiner angenehmen, unvergleichlich sanften und verzaubernden Stimme sowie seiner Fähigkeit, dem Publikum Emotionen förmlich entgegenzuschleudern, setzt er den wohl gewaltigsten Höhepunkt in der in Gänze überzeugenden Show. Auch schraubt er seinen Gesang scheinbar mühelos und gefühlvoll ebenso in baritonale Tiefen wie in schillernde Höhen und brilliert mit seinem enormen Stimmumfang.

Sybille Lambrich bringt als Maria eine mit großer Energie gespickte Unschuld in ihre Rolle. Mit ihrer glockenklaren Stimme gelingen ihr auch die operalen Töne hervorragend und ihr Zusammenspiel mit Rekeszus zeigt in Gesang wie Schauspiel eine große Harmonie. Erwähnenswert ist gerade auch ihr Spiel in der Schlussszene, in welcher sie den sterbenden Tony überaus authentisch trauernd in den Armen wiegt – hier fällt es vielen Zuschauern schwer, nicht nach Taschentüchern zu greifen.

(c) Thilo Beu / Theater Bonn

Auch Lucas Baier als Riff sowie Andreas Wolfram als Bernardo nehmen das Publikum gekonnt und ausdrucksstark mit auf die Reise, glänzen nicht nur in den von Choreografin Sabine Arthold leicht und stimmig in Szene gesetzten Tanznummern, sondern verleihen ihren Figuren einen unverkennbaren Charakter. Kampfszenen wirken authentisch und echt und bringen die doch bedrückende Handlung stimmig rüber. Überhaupt überzeugt das gesamte Ensemble in den Tänzen, egal ob Stepp, Jazz oder anderen, werden sie doch aus dem Orchestergraben hervorragend getragen vom jederzeit unterstützenden Spiel des bestens besetzten Beethoven Orchesters. Das Theater Bonn verzichtet auf die deutsche Übertitelung der im englischen Original belassenen Lieder, was allerdings keinerlei Einschränkung bietet. Auch der englischen Sprache nicht Mächtige können zu jeder Zeit den Handlungsstrang, natürlich bedingt durch die deutschen Sprechtexte, nachvollziehen.

Die „West Side Story“ in Bonn ist eine Reise wert. Den Veranstaltern gelingt mit ihrer modernen, ansprechenden Inszenierung großes, gefühlsbetontes Musiktheater, das jeden Besuch zu einem grandiosen Erlebnis werden lässt. Die „West Side Story“ läuft noch an vielen weiteren Spielterminen, unregelmäßig, bis zum 28. Juni 2020. Karten gibt es über die Homepage des Theaters www.theater-bonn.de zu erwerben.

 

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Weiterführende Links:

Jan Rekeszus
Theater Bonn
Beethoven Orchester Bonn
Erik Petersen

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