Back at Home – Vol. III

…ein Konzertabend von und mit 

Julian Schier, Janina Keppel und am  Piano: Vincent Heinen

 

 

Conrad’s Couch – eine junge, kleine, aber urgemütliche Location inmitten des bergischen Landes in Bensberg (Bergisch-Gladbach) gelegen, hält, was der Name verspricht. Tritt man von der mit unterschiedlichsten Geschäften durchzogenen kleinen Einkaufsstraße, an deren Ende der Blick auf das zu einem Grandhotel (u. a. Drei-Sterne Küche unter Leitung von Joachim Wissler) umgebaute Schloss Bensberg fällt, durch das verglaste Portal, findet man sich gefühlt in einem Wohnzimmer wieder. Rote Sessel und Sofas säumen den Thekenbereich und die linke Seite der kleinen, ellipsenförmig angelegten Bühne, deren Mittelpunkt ein schwarzer Flügel bildet und zu deren Rechten schwarze, mit roten Kissen bezogene Stühle das Sitzplatzangebot auf etwa 60 Plätze ergänzen. Wohnzimmeratmosphäre ist auch das Schlüsselwort, das Inhaber Markus Konrad, der hier sowohl Einlass als auch Getränke- und Snackverkauf noch selbst in die Hand nimmt, an diesem Ort schaffen möchte. Ein gemütliches Beisammensein ohne starre Konventionen, dafür aber mit Familiengefühl, nah dran sein am Geschehen auf der Bühne, nah dran sein an seinen Protogonisten, die ein buntes Programm von Lesungen, Leinwand-Lyrik, Comedy und Kabarett, über Kindertheater oder Mitsing-Abende bis hin zu Konzerten der verschiedensten Genres, wie beispielsweise Musical, Pop, Klassik, Swing, Jazz, Soul, Raggae oder IrishFolk, bieten und die auch vor ganzen Komödien keinen Halt machen.

Am heutigen Abend laden Julian Schier und Janina Keppel, unterstützt werden die beiden jungen Musical-Darsteller sowohl gesanglich als auch am Flügel vom Pianisten und Singer/Songwriter Vincent Heinen, zu einem weiteren „Back at Home“-Konzert, dem mittlerweile dritten seit Beginn des pandemiebedingten Lockdowns, ein. Die Songliste des Abends ist bestens bestückt mit bekannten und unbekannteren Musicalmelodien sowie weiteren beliebten Ohrwürmern.

Nach einer kurzen Begrüßung durch den Inhaber der Location, der die drei Sänger unter den erwartungsvollen Blicken der versammelten Gäste auf die Bühne lockt, startet der bunte Reigen mit einem Song aus dem Erstlingswerk von Jason Robert Brown, „The new World“, einer Musical-Revue, die Menschen am dramatischen Wendepunkt ihres Lebens und vor schweren Entscheidungen stehend, skizziert. Nach kleinen Anlaufschwierigkeiten finden die drei Protagonisten schnell in ihren Rhythmus und verbreiten im ersten Teil des Konzertes sanfte, manchmal auch poppige oder gefährliche Töne. Das Publikum feiert „Die Päpstin“, mit der Julian und Janine überzeugend in die im Hochmittelalter entstandene Legende von der Päpstin Johanna eintauchen, die im 9. Jahrhundert den Heiligen Stuhl besetzt haben soll. Weiter entführen sie ihre Gäste in den Dschungel zu Tarzan und Jane, stellen fest „Wer ich wirklich bin“ und wem letzten Endes „Auf einmal“ ihr Herz gehört, zeigen ein „Gefährliches Spiel“ oder streifen mit „Fly me to the moon“, „Drivers License“ und „Writings on the Wall“ ganz andere Genres und stellen damit ihre große Vielfältigkeit unter Beweis.

Der zweite Teil des Abends startet mit einem Angriff auf die Lachmuskeln und führt damit alle beschwingt in das weitere Programm. Mit „Wenn Liebe in Dir ist“ greifen Julian und Vincent ein Stück auf, das gefühlt auf leider jedem Konzert mit immer denselben Songs präsentiert wird, „Tanz der Vampire“. Der von ihnen gewählte Song allerdings ist nie dabei. Mit viel schauspielerischem Geschick präsentieren die Beiden den parodistischen Höhepunkt des Musicals zur Erheiterung aller auf erfrischende und witzige Weise – ‚Herbert‘ unterkrabbelt den Flügel, welcher die Badewanne aus dem Stück ersetzt und ‚Alfred‘ begleitet sich selbst an den Tasten, bis er nur knapp dem Vampirbiss entkommt – eine sicher so noch nie gesehene Version. Lustig bleibt es in diesem zweiten Teil weiterhin. Janina erzählt gekonnt genervt von ihrer Wohnung im 14. Stock eines Hochhauses „Girl from 14G“ und Vincent greift den bekannten Trude-Herr-Song „Ich will keine Schokolade“, zu großer Belustigung aller, auf. Überhaupt gelingt es, die Lieder interaktiv ins Publikum zu transportieren. So dichtet Julian kurzentschlossen den Song „To excess“ von Michael Kooman, den er auf Deutsch interpretiert, vom eigentlichen Namen Clair in den Namen einer von ihm direkt angesprochenen und später angesungenen Dame im Publikum um, sodass sich vor lauter Lachen kaum jemand auf den Sitzen halten kann.

Der Dritte im Bunde, Vincent Heinen, kann anschließend mit dem von ihm selbst geschriebenen, emotionalen Song „So wie es ist“, den Julian und Janina als Begleitung unterstützen und verstärken, zur Ernsthaftigkeit zurückfinden und stellt damit seine Klasse als Songwriter ebenso unter Beweis wie zuvor schon die als Pianist und Sänger überhaupt.

Zu begreifen, dass es nun Zeit wird, den Abend allmählich ausklingen zu lassen, fällt sicher allen Beteiligten schwer. Die Klänge werden wieder ruhiger, die zuvor aufgenommene Fahrt wird langsam rausgenommen und schon vor dem letzten Song ist klar, dass die Darsteller nicht ohne eine Zugabe von der Bühne entlassen werden. Deren Titel kann dann auch, irgendwie passend zur momentanen Situation, adaptiert werden: „I see the light“ aus dem Musical Tangled (Rapunzel) – endlich gehen in der Kulturbranche die Lichter langsam wieder an.

 

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Julian Schier

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