Die Hauptstadt Tenöre – Radioshow

Nach viel zu langer Zwangspause gibt es kaum etwas Schöneres, als mit einem kurzweiligen Konzertabend in eine neue Woche zu starten und damit den Montagabend zu versüßen. Endlich öffnen sich die Pforten des Berliner Schlosspark Theaters, welches mitten in Steglitz eine Institution und nicht mehr wegzudenken ist, wieder. Unermüdlich hat Hausherr Dieter Hallervorden dafür gekämpft, Veranstaltungen vor Publikum wieder zu ermöglichen und wartet mit einem passenden und originellen Hygienekonzept auf, um Zuschauer und Akteure auch weiterhin zu schützen.

An diesem schönen und vor allem warmen Sommerabend findet der Einlass über den Garten des Hauses statt. Die Maskenpflicht gilt in allen Innenräumen, derzeit auch während der Vorstellungen und für den Einlass ist nicht nur ein gültiges Ticket vonnöten, sondern auch eine tagesaktuelle Testbescheinigung oder Vergleichbares.

Im Jahr 2020 war eine der letzten Shows, die wir live auf der Bühne genießen durften, ein Konzert der „Hauptstadt Tenöre“ an dieser Stelle. Umso schöner ist es, dass sich der Kreis heute schließt und sie in diesem Jahr nach langer kultureller Durststrecke den Auftakt des Live-Erlebens von Musik und Theater bieten. Es sind nur wenige Gäste anwesend, das Theater kaum zu einem Drittel der sonst üblichen möglichen Besucher besetzt. Um die Reihen zu füllen und wenigstens den Eindruck zu erwecken, dass der Saal gut besucht ist und die Bühnenaktiven nicht auf leere Plätze starren zu lassen, setzt das Schlosspark Theater weiterhin auf lebensgroße Puppen, die sich zwischen den durchaus lebendigen und kulturhungrigen Gästen mittlerweile schon fast heimisch fühlen dürften.

(c) ValDIVIA

Mit ihrem neuen Programm „Radioshow“ präsentieren sich Maik Tödter, Björn Christian Kuhn und Thorsten Hennig ihrem Publikum und führen abwechselnd in oft humoristischer, manchmal auch ein wenig nachdenklich stimmender Moderation durch ihr buntes und abwechslungsreiches Programm. Der erste Teil der knapp zweistündigen Show hält allerdings nur wenige Überraschungen bereit und ist stark an das vorhergehende Programm angelehnt. Neu ist definitiv das Aufgreifen des allgegenwärtigen Themas um das Coronavirus und dessen Auswirkungen. So stellen sie direkt am Beginn des Abends die seit Ende 2020 im Internet kursierende und wohl nicht ganz ernst gemeinte Idee zur Vermeidung von harten Konsonanten und Zischlauten in der Sprache und deren Substitution mit anderen Lauten vor. Einstimmig beschließen Künstler und Publikum anschließend, dass die derzeitigen Zahlen es wohl zulassen, wie gewohnt deutlich zu artikulieren.

Fernweh und Sehnsüchte ziehen sich thematisch als roter Faden durch das Programm und lassen musikalisch eine ganze Reihe Klassiker zu einem Ohrenschmaus werden. Immer wieder ziehen die Herren im Frack, die ihre Musik mit Gestik und Mimik, sowie allen Varianten des Tonfalls lebendig werden lassen, auch Parallelen. Zu ihren vermeintlich eigenen Geschichten, aber auch zu Komponisten, deren Erben und den Comedian Harmonists und deren Intention, bekannten Melodien einen eigenen Stempel aufzudrücken.

Gemessen am Applaus zeigt sich, dass es nicht nötig ist, das Rad neu zu erfinden und auf ein völlig neues Programm zu setzen. Gerade das oft recht betagte Publikum schätzt das Vertraute und verknüpft deutlich spürbar eigene Erinnerungen mit der Musik, die durch den Saal klingt.

Der zweite Teil des Konzertabends wird, wenn überhaupt möglich, noch eine Spur unterhaltsamer. Mit einer gelungenen Interpretation von „Kriminal Tango“ wird das Publikum zurück empfangen und erhält im Anschluss einen Block italienischer und spanischer Klassiker, sowie einige interessante und kuriose Hintergrundinformationen dazu auf die Ohren. Es fällt schwer, sich hier für einen Höhepunkt zu entscheiden, doch das kaum 23 Jahre alte „Nella Fantasia“ klingt mit den hier klassischen und gefühlvollen Stimmen von Tödter, Kuhn und Hennig fantastisch und setzt genau auf die Sehnsucht und das Fernweh, von dem schon den ganzen Abend lang gesprochen wird.

Dass es nicht immer nötig ist, in die Ferne zu schweifen, wenn das Gute doch quasi direkt vor der Haustür liegt, zeigen sie mit einer Hommage an Berlin mehr als deutlich. Hier machen die drei Sänger ihrem Namen alle Ehre und zeigen, dass es oft Kleinigkeiten sind, die ein Zuhause ausmachen.

Die Reisediskussion nimmt noch einmal Fahrt auf, als man sich überlegt, das Auto doch einmal stehen zu lassen, den eigenen ökologischen Fußabdruck nicht noch weiter auszubauen und damit statt des Flugzeuges oder der Bahn doch auf die eigenen Füße zu setzen. Würde man, startend am Theater, die 264 Kilometer bis Hiddensee ohne Pause zu Fuß zurücklegen, wäre man nach nur knapp zwei Tagen dort und hätte damit den Urlaub redlich verdient. Dass diese Information tatsächlich auf realen Recherchen beruht, zeigt eine Überprüfung auf der stets verfügbaren elektronischen Landkarte. Und während so einer langen Wanderung ließe sich trefflich die Zeit mit philosophischen Gedanken zur Tücke der deutschen Sprache vertreiben und vielleicht findet sich ja auch die Lösung auf die Frage, warum die Badehose weiblich, der Bikini jedoch männlich ist. Vielleicht gibt es hier zum nächsten Konzertprogramm der Hauptstadt Tenöre bereits neue, treffende Erkenntnisse. Für diesen Abend genügt die Überlegung jedoch, um geschickt zu Nina Hagens „Du hast den Farbfilm vergessen“ überzuleiten.

Ganz zum Schluss wird in einem langen vielsprachigen Medley durch sämtliche nur erdenkliche Stilrichtungen noch einmal alles zusammengefasst, was in den letzten Stunden keinen Platz im Programm gefunden hat.

Alles in allem ist die „Radioshow“ der Hauptstadt Tenöre ein kurzweiliges und interessantes Programm, bei welchem sich durchaus ein Besuch lohnt. Doch was wäre, und dieser Punkt ist nicht außer Acht zu lassen, Gesang ohne weitere musikalische Untermalung? Ronald Herold begleitet auf seine ganz eigene Art die drei Sänger durch den Abend und gibt mit seinem virtuosen Spiel auf dem Flügel den Ton an.

Gern hätte man die Stimmen der Sänger einmal einzeln gehört, was aufgrund der Vielzahl der Lieder und der Arrangements wohl zeitlich leider ein wenig auf der Strecke bleibt. Wofür jedoch die Zeit in unseren Augen hätte reichen sollen, ist eine kurze namentliche Vorstellung der Bühnenaktiven, was die Beziehung zum Publikum deutlich gestärkt hätte.

Gern kommen wir wieder, nicht nur zu den Hauptstadt Tenören, die nun erst einmal in die Sommerpause gehen, sondern auch zu einem Besuch im Schlosspark Theater, welches über die nächsten Monate mit einem vielversprechenden und abwechslungsreichen Programm und überaus freundlichen und zuvorkommenden Mitarbeitern an jeder Stelle im Haus aufwartet.

 

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Weiterführende Informationen:

 

Die Hauptstadttenöre
Björn Christian Kuhn
Thorsten Hennig
Schlossparktheater

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