Weltpremiere Robin Hood am 03.06.2022 in Fulda
Mit ziemlich genau zwei Jahren Verspätung feierte „Robin Hood – Das Musical“ am 03.06.2022 in Fulda seine Weltpremiere. Lange haben die Komponisten Dennis Martin und Chris de Burgh darauf gewartet, ihr musikalisches Meisterwerk aus der Taufe zu heben und an diesem Freitag war für sie und das Autorenduo Christoph Jilo und Kevin Schröder der Moment gekommen. Gefeiert wurde dieser Tag ausgiebig im historischen, gerade noch rechtzeitig vor den ersten Vorstellungen fertig renovierten Schlosstheater. Und wie es sich für die Geburtsstunde eines solchen Stückes gehört, durften in den zwei an diesem Tag stattfindenden und bis zum letzten Platz ausverkauften Premierenshows etwa 1350 Zuschauer mitfiebern und mitfeiern.
Fast fünf Jahre dauerte es von der Idee bis zum fertigen Stück. Verlängert wurde die Wartezeit durch die Coronapandemie. Doch Geduld zahlt sich aus und so öffnen sich die Pforten des Theaters noch bis zum 16. Oktober für insgesamt 177 Vorstellungen, in denen die Geschichte um den König der Wälder, Robin Hood, erzählt wird.
Das Besondere an diesem Stück ist, dass eben eine ganze Geschichte erzählt wird und diese mit dem klischeebehafteten Helden in Strumpfhosen nur noch wenig gemein hat. Viel mehr erlebt der Zuschauer die Lebensgeschichte eines unfreiwillig zum Helden Gewordenen. Szenen aus der Kindheit Robin von Loxleys werden schnell von dessen Vermählung als 19-Jähriger mit der fast sechs Jahre jüngeren Marian, der Tochter des Sherriffs von Nottingham, abgelöst. Der schwelende Konflikt mit seinem strengen Vater, der nur das Beste für sein Haus im Sinn hat, wird schon nach wenigen Momenten deutlich spürbar. Die Überheblichkeit und Selbstsicherheit ist aufgesetzt und fast scheint der junge Mann froh, dass sein alter Freund Guy von Gisbourne, der inzwischen der Garde des zukünftigen Königs John angehört, in die Feierlichkeiten platzt, um Schildgeld für den König einzutreiben.
Entgegen des Willens seines Vaters setzt der junge Mann sich durch und flieht vor seinem eigenen Leben und der daraus resultierenden Verantwortung und verlässt seine junge verschüchterte Braut noch in der Hochzeitsnacht, um an der Seite von Gisbourne und einer Vielzahl weiterer mutiger Männer nach Palästina aufzubrechen. Hilflos muss er dort mit ansehen, wie Ungläubige, darunter zahllose Frauen und Kinder, den Soldaten zum Opfer fallen. Als er selbst verwundet und von seinen Truppen getrennt wird, verliert sich seine Spur vorerst, sodass er für tot erklärt und ein Grab auf seinen Namen errichtet wird.
Um die Kreuzzüge zu finanzieren, steigt die Steuerlast für die Bevölkerung. Viele von ihnen verarmen und sind darauf angewiesen, ihr Leben nicht ganz gesetzeskonform zu führen, um nicht zu verhungern. Hier muss der Sherriff von Nottingham hart durchgreifen, auch wenn er selbst die Gesetze bereits in Frage stellt. Seine Tochter stellt sich ihm hierbei ein ums andere Mal mutig in den Weg.
Gisbourne ist es, der die traurige Nachricht vom Tod des Alleinerben auf Huntington überbringt. Der alte Earl heuert ihn mit der Aussicht, das Erbe Robins anzutreten, als neuen Kastellan an, denn bereits der Vater des jungen Mannes hat ihm in dieser Position gute Dienste geleistet. William von Loxley denkt weiterhin an die Linie seines Hauses und nähert sich seiner Schwiegertochter an. Diesen Versuch überlebt er zur Freude seiner Dienerschaft nicht.
Nach einem Trauerjahr trifft Marian, die inzwischen zu einer klugen und sehr durchsetzungsstarken jungen Frau herangewachsen ist, auf dem Friedhof am Grab ihres Mannes auf die Äbtissin von Kirklees, die sie versucht dazu zu überreden, ins Kloster zurückzukehren und somit die Grafschaft in die Hände des Ordens zu geben. Guy, der ebenfalls Interesse an Marian und der Grafschaft hat, stellt sie zur Rede, als eine unbekannte Person die Zeremonie stört. Unerwartet kehrt der rechtmäßige Erbe, Robin, doch lebendig nach Hause zurück. Gisbourne zieht es verbittert zurück zum Königshof, denn seine Chancen sind dahin und er hegt inzwischen einen tiefen Groll auf den neuen Earl, mit dem er schon seit frühester Kindheit zu konkurrieren versucht, jedoch immer den Kürzeren gezogen hat.
Robin jedoch ist ein gebrochener Mann, der nach dem Schrecken des Krieges unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet und sich mehr und mehr in sich selbst zurückzieht und der Trunksucht hingibt. Auch seine Frau kommt nicht an ihn heran, selbst wenn sie immer wieder den Versuch dazu unternimmt.
Nach der Krönung König Johns, dessen Machtübernahme weder geplant noch erwünscht war, versammeln sich die Adligen des Landes, um eine Magna Charta gegenüber der Krone zu erreichen. Mehr Rechte, die Möglichkeit eigenständige Entscheidungen zu treffen, sollen darin verankert werden. Robin jedoch sperrt sich gegen diesen Vorschlag von Marians Vater und möchte mit den politischen Unruhen nichts zu tun haben. Stattdessen zieht es ihn in den Sherwood Forest, in dem er auf Bruder Tuck und den geächteten und entrechteten Will Scarlett trifft.
König John gibt sich die Ehre auf Huntington und beginnt hier machtbesessen seine Strippen zu ziehen. Er enthebt den alten Sheriff seines Amtes, um Guy von Gisbourne an dessen Stelle zu setzen. Als Sheriff de Lacy es wagt, sein Wort gegen König John zu erheben, bezahlt er dafür mit dem Leben und Robin wird für einen Wutausbruch über eben diese Missstände in Ketten gelegt und von seinem ehemaligen Freund zum Tode durch den Strang verurteilt.
Dafür, dass dies nicht passiert, sorgen Will Scarlett, Bruder Tuck und Marian, die Robin befreien und ihn mit ihm in den Sherwood Forest fliehen, wo er sich einer Gruppe Outlaws um den Wilderer John Little anschließt und mit neuem Mut beginnt Pläne zu schmieden, die Unterdrückung aufzuheben und König John das Wasser abzugraben. Die Idee, die Magna Charta doch noch zu unterzeichnen und den König zu seiner Unterschrift zu bewegen, nimmt Formen an.
Der König hingegen sieht dem gelassen entgegen und erhöht weiter die Steuern, um sich seinen Lebensstil zu finanzieren. Ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen Guy und Robin beginnt, dem der König zunächst amüsiert zusieht, doch als der Reichtum in seinen Schatzkammern schwindet, mit steigendem Druck auf seinen Sheriff zu beenden versucht. Die Androhung Robins, ihn zu finden und zu töten, sollte er die Charta nicht unterzeichnen, nimmt John als Kriegserklärung auf und befiehlt den Tod des inzwischen „König der Wälder” Genannten.
Die Freude über erste kleine Erfolge währt nicht lange, denn Gisbourne ist es gelungen, das Versteck der Bande aufzuspüren und Marian in seine Gewalt zu bringen. Robin eilt ihr zur Hilfe und trifft auf Huntington auf seinen Widersacher, der sich erhofft, nun endlich aus dem Schatten treten zu können. In einem Moment der Unachtsamkeit wird dieser jedoch, nicht ohne Robin zuvor eine schwere Stichverletzung zuzufügen, von Marian ermordet. Robin liegt schwer verwundet in den Armen seiner Frau und lauscht der Geschichte der Äbtissin von Kirklees, ehe er die Augen nach einem Liebesgeständnis ein letztes Mal schließt.
Nach einem Schockmoment über den Tod des Anführers beschließen die Geächteten schließlich, ihr Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und den begonnenen Kampf auch ohne Robin fortzuführen.
All dies wurde unter der Regie von Matthias Davids auf die Bühne gebracht und mit Choreografien von Kim Duddey zum Leben erweckt. Das Bühnenbild zu Robin Hood wirkt auf den ersten Blick etwas spartanisch, besteht es doch fast ausschließlich aus verschiebbaren Gitterwänden und einem zentralen neigbaren Element in der Bühnenmitte. Über Projektionen werden verschiedene Szenen lebendig und so gelingt es, die Zuschauer mit in den Sherwood Forest, den Königspalast, auf einen Friedhof oder in die Räume der Grafschaft Huntington zu entführen. Nur hin und wieder werden diese Teile mal um einen Tisch mit Bänken oder einen Wagen mit Weinfässern ergänzt. Beeindruckend sind die Projektionen allemal, so gelingt es bei den Kreuzzügen den Eindruck zu erwecken, ein ganzes Heer würde die Bühne bevölkern.
Dem ist natürlich nicht so, doch über einen Mangel an Castmitgliedern braucht sich in Fulda niemand zu beschweren. Ganz im Gegenteil. Spotlight Musicals beweist wie schon oft in vorhergehenden Produktionen, dass ein großes Ensemble auch große Wirkung erzielen kann. So ist die Bühne auch ohne viele Requisiten und großes Bühnenbild stets gut gefüllt und es ist eine Freude, bei den Choreografien zuzusehen. Hier wiederholen sich viele Bewegungsabläufe mit wiederkehrenden Textpassagen und anfangs ist man an einigen Stellen etwas irritiert. Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, doch ein Blick auf die Kostüme wirkt im ersten Moment recht merkwürdig. Dass man keinen „Helden in Strumpfhosen” erwarten braucht, wurde schon im Vorfeld gründlich kommuniziert. Dennoch wirkt es überaus befremdlich, Soldaten und Adlige in Kleidung zu stecken, die jeden Gegenüber, ob Freund oder Feind, erst einmal buchstäblich blenden würde. Glitzernde Ärmel und Kragen, hellblaue Ledertuniken, pompöse Königliche Gewänder und viel Fell und Leder dominieren die Kostüme. An einigen Stellen fast schon zu viel des Guten. Schlichter und dafür etwas leichter zu unterscheiden hätte der Wirkung des Stückes gewiss keinen Abbruch getan. Auch die Umsetzung einzelner Szenen wirkt auf den ersten Blick seltsam. Musicalbesucher sind selten auf ein Stück fixiert und so bleiben Assoziationen – ob bewusst so gewollt oder unbewusst geschehen, bleibt dabei zweitrangig – nicht aus. Die Hinrichtungsszene, bei der Robin am Galgen sterben soll, wirkt etwas verloren und der Protagonist im Angesicht des nahenden Todes etwas überentspannt. Auch das Schlafgemach König Johns und dessen Gespielen und Gespielinnen löst einen Augenblick des Unglaubens und Kopfschüttelns aus, ehe man dies annimmt und der Handlung weiter folgt. Befindet sich dieses doch auf dem neigbaren Bühnenelement, welches ein goldenes (Bett)Tuch überspannt und bis zu einer Störung nur erahnen lässt, was darunter vor sich geht.
Die große Geschichte, die vielen kleinen Handlungsstränge zu einem roten Faden zu verweben, gelingt jedoch insgesamt ganz wunderbar. Dunkle Farben dominieren die Bühne, und die Konflikte untereinander und in den Figuren selbst werden hervorragend herausgearbeitet. Als Zuschauer fiebert man mit, wird animiert, tief ins Geschehen einzutauchen und am Leben der Figuren teilzunehmen.
Dafür sorgt eine hervorragende Besetzung. Allen voran Mark Seibert als Robin von Loxley. Passt Seibert zwar vielleicht vom Spielalter nicht mehr unbedingt zu dem Mitte 20-ährigen Protagonisten, gleicht er es ohne Frage mit seinem vorhersehbaren und erwarteten Spiel- und Gesangstalent aus. Aggressiv, gebrochen, energisch, mitreißend, verletzlich, wütend, verliebt, die ganze Gefühlspalette kann er in seiner Rolle bis hin zum Bühnentod zeigen.
In die Rolle von Lady Marian schlüpft Johanna Zett. Sie erweckt ihre Bühnenfigur mit so viel Energie und Spielfreude zum Leben, dass man ihr jedes Wort augenblicklich glaubt und es in vollen Zügen genießt, ihr zuzusehen. Sie scheint nicht zu spielen, sondern eins mit der Figur zu werden und man bekommt als Zuschauer größten Respekt vor dieser Schauspiel- und Stimmgewalt.
Thomas Hohler stellt sich der Herausforderung, den Bösewicht und Kontrahenten des allseits beliebten Hauptcharakters zu spielen. Als Guy von Gisbourne hat er die Gelegenheit, seine Figur durch unterschiedlichste Lebensabschnitte zu begleiten und deren Entwicklung aufzuzeigen. Mit herrlicher Aggressivität und Kälte entwickelt er einen Charakter, der trotz oder gerade wegen aller Unsympathie vom Publikum geliebt wird.
Auch König John, der von Christian Schöne gespielt wird, könnte kaum besser besetzt sein. Schöne versteht es, einen machtherrlichen Tyrannen mit viel Überlegenheit, Boshaftigkeit und dem genau richtigen Quäntchen Humor darzustellen. Ein ums andere Mal hat er die Lacher auf seiner Seite, wenn er überheblich seine neuesten Einfälle kundtut.
Die wohl größten Sympathien erntet André Haedicke als Bruder Tuck. Der Mönch, dem viel daran liegt, dass alle miteinander auskommen und der die Bibel lediglich als Empfehlung ansieht, nicht aber über alles stellt, ist derjenige, der die Stimmung in dem doch sehr düsteren Stück mit seinen Songs und Auftritten aufhellt und für gute Laune auf der Bühne und vor allem im Zuschauerraum sorgt. Man erwartet Tucks Auftritte stets mit großer Vorfreude, denn die Figur verbreitet einfach gute Laune.
Reinhard Brussmann als „Urgestein” bei Spotlight Musicals hat gleich zwei völlig unterschiedliche Rollen inne. Zunächst verkörpert er den egoistischen und strengen Vater Robins, darf sich im zweiten Akt dann jedoch als John Little auf die Seite des Protagonisten schlagen. Bravourös meistert er die Herausforderung und weiß in beiden Rollen absolut zu überzeugen.
Als Pächter in der Grafschaft, späterer Waffenbruder Robins und schließlich Geächteter Will Scarlett steht Dennis Henschel auf der Bühne. Seine Energie wirkt ansteckend und vor allem im Zusammenspiel mit André Haedicke und dem Ensemble sehr überzeugend. Auch er taucht tief in die Welt um Robin Hood ein und gibt besonnen seine Ratschläge, wenn die Outlaws wieder einmal über die Stränge zu schlagen drohen.
Streng, kalt und unnahbar kommt Melanie Gebhard als Äbtissin von Kirklees daher. Sie macht keinen Hehl daraus, was sie vom Hause Loxley hält und hütet ihr Geheimnis bis zum Schluss. Durch ihr distanziertes und leider sehr seltenes Auftreten fällt es schwer, eine Beziehung zu der Rolle der Äbtissin aufzubauen, doch Gebhard gelingt es auch durch stumme Präsenz, nicht in Vergessenheit zu geraten.
Thomas Christ als Sheriff von Nottingham wirkt hingegen weniger durchsetzungsstark als gut wäre. Dies ist jedoch keinesfalls Christs Spiel und Gesang geschuldet, sondern allein der Entwicklung der Rolle.
Die Hauptcharaktere werden von einer ganzen Reihe Nebenrollen im Ensemble begleitet und getragen. Es ist eine große Freude, ihnen zuzusehen und zuzuhören. Robin Hood bietet viel fürs Auge, mit seinen zahlreichen Balladen einiges fürs Herz, textlich einige befreiende Lacher und stimmgewaltig viel für die Ohren. Trotz des sehr düsteren Settings und des sparsamen Bühnenbildes ist es nicht langweilig, auch wenn der erste Akt gut einige Minuten kürzer sein dürfte. Mit vielen großen Ensemblenummern und sehr viel Koordinationsgeschick und Einfallsreichtum ist es gelungen, ein neues Musical schon jetzt zu etablieren.
Zum Ende der Premiere nach langen, absolut verdienten stehenden Ovationen betritt auch Chris de Burgh die Bühne. Sichtlich gerührt fehlen ihm zunächst die Worte, ehe er seiner Begeisterung freien Lauf lässt. Er zeigt sich überwältigt von dem Erfolg des Stückes und ruft dazu auf, der Welt davon zu erzählen.
Zunächst bis Mitte Oktober ist das Stück im Schlosstheater Fulda zu sehen und Karten sind schon an vielen Terminen vergriffen. Es lohnt sich in jedem Fall die Augen offen zu halten und die Möglichkeit wahrzunehmen, mit einer tollen Cast, getragen von eingängiger Musik, den Sherwood Forest zu erkunden und dabei am Ende reiche Beute in Form von anhaltenden wechselnden Ohrwürmern mit nach Hause zu nehmen.
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