Interview mit Marius Bingel – April 2020

Er gehörte zum Abschlussjahrgang 2018 der Stage School in Hamburg. Seither durfte er schon in einige Rollen auf unterschiedlichen Bühnen schlüpfen. Marius Bingel hat sich zum Auftakt der “This is the greatest Show”-Tour unseren Fragen gestellt.

 

“Lasst euch formen, aber nicht verbiegen. Bleibt euch selber treu und wisst was ihr wollt!”

 

 

(c) Daniel Lagerpusch

 

Kurz nach deinem Abschluss 2018 an der Stage School in Hamburg hast du mir in einem Gespräch erzählt, dass du eigentlich gelernter Koch bist und deine Gesangslehrerin gute Überzeugungsarbeit leisten musste, um dich in Richtung Bühne zu schubsen. Nun stehst du bereits seit bald 2 Jahren im Rampenlicht. Hast du den Schritt vom Koch zum Theater jemals bereut?

“Nicht eine Sekunde. Natürlich gibt es immer mal wieder Momente, in denen man an sich und seinen Entscheidungen zweifelt, aber im Großen und Ganzen war es die wohl beste Entscheidung meines Lebens.”

In der kurzen Zeit bisher hast du schon einiges erreicht – Ghost Erstbesetzung U-Bahn Geist, Cover Carl, Tony Manero in Saturday Night Fever und in diversen Stücken im Ensemble. Haben sich deine Ideen zum und Erwartungen an deinen Job bisher erfüllt, oder hast du dir das Künstlerleben vielleicht ganz anders vorgestellt?

“Was ich immer wieder verrückt finde ist, dass ich nie eine genaue Vorstellung von dem hatte, was da auf mich zukommt. Ich habe zwar vor und während der Ausbildung Produktionen gespielt und somit eine Idee dafür bekommen, aber irgendwie war es doch nie das Gleiche wie die Arbeit, die man jetzt macht. Das Einzige was gleichgeblieben ist, ist wohl meine Passion für das ganze Genre. Und ich denke, dass sich somit die größte Erwartung erfüllt hat :D”

Du orientierst dich nicht nur Richtung der großen Musicalveranstalter, sondern wählst auch kleinere Theater. Wo fühlst du dich wohler und macht es für dich einen Unterschied, ob du vor einem großen oder kleineren Publikum stehst?

“Wo ich mich wohler fühle kann ich noch gar nicht so richtig sagen, ich glaube dafür habe ich noch nicht genügend Häuser kennengelernt. Deswegen mache ich natürlich auch viele unterschiedliche Auditions mit, sowohl an kleinen Theatern als auch bei großen Häusern. Wie groß der Saal ist, vor dem ich spiele, ist für mich eigentlich auch irrelevant. Natürlich ist es überwältigend, vor fast 2000 Menschen auf der Bühne zu stehen, ist für mich aber kein Ansporn. 200 Menschen können einem genau das Gleiche Gefühl zurückgeben, oder sogar mehr!”

Ghost hast du fast 2 Jahre gespielt – es ist sicher eine Herausforderung, dass unterschiedliche Publikum jeden Tag aufs Neue immer gleichermaßen zu begeistern – was motiviert dich bzw. wie schaffst du es, Tag für Tag eine solche Leistung auf die Bühne zu bringen?

“Das ist Teil der Kunst unseres Berufes. Natürlich hat man mal schlechte Tage oder ist weniger motiviert als an anderen Tagen, aber genau dann gilt es, dagegen zu arbeiten und sich das nicht anmerken zu lassen. Mir hilft es ab und zu, mir kleine Aufgaben für die Show zu geben. Das könnte zum Beispiel sein, dass ich Kleinigkeiten verändere. Natürlich nicht so, dass es das Stück beeinflusst oder der Zuschauer mitbekommt 😉 Oder aber vorher etwas Sport zu machen, das tut auch ziemlich gut.”

Erzähl und was über deine Träume – gibt es Rollen, die du unbedingt einmal verkörpern möchtest, oder ist es eher das Stück als Ganzes, welches für dich einen Anreiz schafft?

“Es sind eher die Stücke, die mich reizen :)”

Mit deinem Engagement bei Sound of Music Concerts schlägst du nun auch den Weg auf die Konzertbühne ein. Was hat dich zu diesem Schritt bewogen und war es von Anfang an dein Wunsch, auch außerhalb von reinen Musicalengagements auf der Bühne zu stehen?

“Nein über solche Konzertformate habe ich vorher gar nicht nachgedacht. Und auch wenn wir erst zwei Vorstellungen hatten, muss ich sagen, war es neben der neuen Erfahrung auch ein riesen Spaß und ich würde es gerne öfter machen!”

Kannst du für dich schon einen Unterschied von Musical zu Konzert benennen?

“Also bei „This ist the Greatest Show” ist das Besondere, dass wir trotzdem alle in verschiedene Charaktere schlüpfen, daher hat es sich schon wie ein Musical angefühlt. Nur aber eben mehrere Musicals nacheinander in einem Programm. Ich denke damit wäre die Unterschiedsfrage schon beantwortet :D”

Kannst du dir vorstellen irgendwann vielleicht auch mal eigene Solokonzerte zu geben?

“Der Gedanke gefällt mir 😀 Aber ich denke dafür ist auch in ein paar Jahren noch Zeit ;)”

Was müsste ein solch eigenes Konzert für dich haben – schreibst du eigene Songs, coverst du gerne auch bekannte Pop- oder Rocksongs oder liegt dein Hauptaugenmerk stark im Musicalgenre?

“Ich schreibe keine eigenen Songs. Ich habe das irgendwann mal versucht aber das was dabei rauskam hat mir selber nicht gefallen, warum also andere damit quälen 😀 Bleiben wir lieber bei Musical und Rock/Pop Coversongs ;)”

Du bist noch jung. Machst du dir bereits heute Gedanken über deine Zukunft – über das „was wäre wenn“, oder ist dieser Gedanke noch weit von dir entfernt?

“Natürlich denkt man darüber nach. Nicht jeden Tag und ich denke, ich habe auch noch ein wenig Zeit, mich darum zu kümmern. Deswegen genieße ich jetzt erstmal die Zeit, die ich auf der Bühne habe.”

Trifft in deinem Berufs- und Privatleben dein Kopf die wichtigen Entscheidungen, oder bist du eher gefühlsorientiert und hörst auf dein Herz?

“Ich höre viel auf mein Herz. Manchmal auch ein bisschen zu viel. Da habe ich dann aber zum Glück meine Familie, die mit viel Kopf hinter der mir steht. Das können die eh viel besser als ich :D”

Bringt dein eingeschlagener Berufsweg viele Entbehrungen mit sich? Viele erzählen uns vom „Leben aus dem Koffer“ – gibt es etwas, das du vermisst, oder genießt du es, auf diese Weise ein zu Hause auf Zeit in den unterschiedlichen Städten aufzuschlagen?

“Es ist generell super spannend, viele verschiedene Orte zu sehen und besser kennenzulernen. Im Moment allerdings, vermisse ich ein bisschen mein Zuhause und ein gewohntes Umfeld. Deswegen ist mein Plan im Moment, so bald wie möglich wieder nach Hamburg zu ziehen und von da aus zu arbeiten. Hoffen wir, dass sich das umsetzen lässt.”

Wie gehen deine Freunde und deine Familie damit um, dass du berufsbedingt ständig unterwegs bist? Verkraften das auch alte Freundschaften oder sucht man sich Gleichgesinnte?

“Natürlich muss man bei sozialen Kontakten ein paar Abstriche machen. Aber ich habe zum Glück ein paar tolle Freundschaften in der Heimat, die das alle verstehen und mit denen es immer wieder wie früher und somit super schön ist zusammen zu kommen, egal wie lang das letzte Mal her war. Und wenn die Familie es schafft zusammenzukommen, ist das auch immer ein riesen Highlight.”

Was haben deine Eltern zu Beginn deiner Ausbildung zum Musical-Darsteller über deine Berufswahl gedacht und was sagen sie heute dazu? Hast du Unterstützung oder eher Unverständnis erfahren und was meinten deine Freunde dazu?

“Meine Freunde waren eigentlich einheitlich der Meinung, dass die Berufswahl super zu mir passt. Und Unterstützung der Familie hatte ich immer. Ich glaube anfangs fehlte ein wenig Interesse an der Materie Musical, aber das hat sich mittlerweile auch geändert und jeder kommt gerne mal zu Shows, in denen ich mitspiele. Das freut mich natürlich sehr!”

Was machst du in deiner Freizeit? Welche Musik gefällt dem „echten“ Marius, spielst du ein Instrument oder ist dir deine erste Berufsausbildung noch als Hobby oder zum Ausgleich geblieben?

“Ich höre tatsächlich viel Musical in meiner Freizeit. Im Moment läuft „Jagged Little Pill“ rauf und runter! Ich stehe aber auch auf gute 80er und Rock Musik gerne. Queen, Toto und Journey zu Beispiel.”

Was würdest du heute – 2 Jahre nach deiner Ausbildung – jungen Menschen mit auf den Weg geben wollen, die sich den Traum vom Bühnenleben erfüllen möchten?

“Lasst euch formen, aber nicht verbiegen. Bleibt euch selber treu und wisst was ihr wollt!”

 

Weiterführende Links:

Marius Bingel

 

 

 

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