Abenteuerland – Patrick Stanke & Friends
„… Ich geh‘ spielen.“
Nach langer Vorbereitungszeit lud Patrick Stanke am 3. Mai 2019 in sein mobiles Kinderzimmer im Hansa Theater in Dortmund ein. Mit seinen Gästen möchte er ein Abenteuerland schaffen und das Publikum zurück in die eigene Kindheit entführen, es für einen Abend vom Erwachsensein befreien und zum Träumen anregen.
Stanke selbst hat einen Teil seiner Kindheit und Jugendzeit bereits auf der Bühne verbracht, so dass ihm selbst viele Erfahrungen verlorengegangen sind. Zwar habe er auch vieles hinzugewonnen, andere Eindrücke erleben dürfen, doch ein Teil von ihm holt mit diesem Herzensprojekt nun diese Momente nach, die er selbst vermisst und als Vater dankbar bei seinen eigenen Kindern miterleben darf. So hat er bei der Umsetzung des Bühnenbildes kurzerhand das Zimmer seiner Söhne zum Vorbild genommen und dieses adaptiert. Mit einem Indianerzelt, einem großen Pferd, einem altmodischen Bobbycar, auf dem eine Primaballerina ihren Sitz gefunden hat, einem Thron und einer großen Spielkiste ist das portable Zimmer gut gefüllt. Die himmelblauen Wände werden von großen weißen Wolken geziert und eine Tür führt aus dem Abenteuerland hinaus in die reale Welt. Passenderweise ist der Eintritt für Eltern untersagt, sodass das Spielzeug und ihr junger Besitzer unter sich sein können.
Der Besitzer besagten Zimmers ist der 11jährige Timon, nicht mehr ganz Kind, aber noch weit entfernt vom Erwachsensein. Hier findet der Träumer Zuflucht vor der realen Welt. Dabei unterstützen ihn seine langjährigen Begleiter, allen voran der Zirkusdirektor, der die Schatztruhe und mit ihr alle Geheimnisse des Jungen bewacht und damit eine die zentrale Figur des Ganzen ist. In diese Rolle schlüpft Stanke selbst. Unterstützt wird er von den anderen Bewohnern des Zimmers, einem Cowboy (Maximilian Mann), dessen Spezialgebiet die Liebe ist und der es meisterlich versteht, sich in das weibliche Geschlecht hineinzuversetzen, einer Indianerin, verkörpert von Roberta Valentini, die in allen Fragen zur Freundschaft beratend zur Seite steht, dem Prinzen (Christian Alexander Müller), der immer mit Rat und Tat zur Seite steht, sowie der Primaballerina (Jana Marie Gropp), die als Symbol dafür steht, alles sein zu können, was man nur möchte und auch in einem Jungenzimmer nicht fehl am Platz ist.
So verschieden die Figuren auf den ersten Blick sein mögen, so sehr ähneln sie sich auch. Sie alle haben ihre gemeinsame Geschichte als Vertraute Timons und erleben in ihrer eigenen kleinen Welt Abenteuer, die sich jeder, ob groß ob klein, kaum träumen lässt.
Für „Abenteuerland“ hat Patrick Stanke sich nicht nur in reale Kinderfantasien entführen lassen, sehr real entsteht sein Programm durch eine Aneinanderreihung von über 20 Titeln, von denen die Wichtigsten, die Zwiegespräche zwischen dem Zirkusdirektor und der jeweils anderen Figuren, seiner eigenen Feder entstammen. Auch neue Übersetzungen gibt es, sodass das gesamte Programm einheitlich in deutscher Sprache daherkommt und damit für Kinder und Erwachsene gleichermaßen verständlich bleibt.
Versprochen wird noch vor dem Beginn eine zauberhafte Reise zurück in die Kindheit, die zum Mitsingen, Tanzen und Träumen einlädt. Diese Reise beginnt schon lange vor dem eigentlichen Konzert mit einem liebevoll gestalteten Logo, welches einen weitverzweigten Wunschbaum mit verschiedensten Wohnmöglichkeiten für fantastische Wesen zeigt. Allein dieses weckt die Lust mehr zu erfahren und die Geschichte hinter dem Bild zu entdecken. Besingen der Prinz und der Zirkusdirektor in ihrem Duett „Ladenhüter“ ihren langen und beschwerlichen Weg aus dem Regal des Spielwarengeschäftes, so verhielt es sich mit den Karten für das neue Musical-Konzertformat gänzlich gegenteilig. Rasch war zu vermelden, dass die Premiere ausverkauft ist. Bis auf den letzten Platz pulsiert freudige Erwartung und pure Energie durch den kleinen Theatersaal, ehe gemeinsam gespielt wird. Den Auftakt gibt Timon, der mit Peter Maffays „Ich wollte nie erwachsen sein“, ein eindeutiges Statement setzt. Noch ist es ruhig im Zimmer, seine Spielsachen beginnen erst langsam sich zu regen, ehe der Zirkusdirektor kraftvoll mit in den Text einsteigt und das musikalische Zepter übernimmt. Schließlich sind die fünf Freunde ohne ihren jungen Besitzer allein und der bunte Schabernack auf der Bühne beginnt. Während eine Figur mit ihrem Song im Mittelpunkt steht, vergnügen sich die Übrigen im Zimmer und es fällt oft schwer, sich nicht zu sehr ablenken zu lassen. Das Geschehen auf der Spielfläche ist vielfältig und erzählt auch im Hintergrund so manche Geschichte, die das Abenteuerland lebendig werden lässt.
Begleitet werden die Figuren durch eine fantastisch zusammengestellte sechsköpfige Band, bestehend aus Sebastian Hartung (Keyboard), Chris Vega (Gitarre), Christian Niehues (Bass), Sarah Bergé (Geige), Astrid Nägele (Cello) und Stephan Sagurna (Schlagzeug), die die Passagen harmonisch untermalt und für den richtigen musikalischen Rahmen zu sorgen weiß. Einzig das Licht wirkt an vielen Stellen ein wenig unglücklich gewählt, liegen die Gesichter der Protagonisten nur zu gern im Schatten, wo sie sich absolut nicht zu verstecken brauchen. Abenteuerland ist ein Musical-Konzertformat auf höchstem Niveau, welches fernab der üblichen Darbietungen anzusiedeln ist. Durch charismatische Darsteller wird es nicht nur musikalisch, sondern auch optisch lebendig und ein absoluter Ohren- und Augenschmaus für alle Beteiligten.
Die feinfühligen Übersetzungen von einigen Titeln aus dem „Greatest Showman“ und „Dear Evan Hansen“ gelingen auf den Punkt und fügen sich harmonisch in das Gesamtbild ein. Sie sorgen für Abwechslung im Programm und es fühlt sich genau richtig an, an diesen Stellen Neues zu entdecken, auch wenn die Melodien altbekannt bleiben. Auch wird jedem Bühnenaktiven eine ganz eigene Hauptrolle zuteil, in der er oder sie dann einen entsprechenden Solopart und je ein Duett mit dem Zirkusdirektor haben und auch untereinander agieren und für Abwechslung sorgen. Ein besonderer Höhepunkt ist es sicherlich, wenn die gesamte Cast bei „Ich geh‘ spielen“ sichtlichen Spaß hat und beginnt, auch das Publikum mit einzubeziehen. Der sehr eingängige Refrain tönt bald schon vielstimmig durch den gesamten Saal, während bunte Bälle ins Publikum fliegen. Die Stimmung erreicht an dieser Stelle einen unangefochtenen Zenit und hält auch bei dem weit ruhigeren Song der Primaballerina „Ich will keine Prinzessin sein“, der ein unglaublich lustiges Spiel der anderen Figuren mit sich bringt, weiterhin an.
Alles in allem gelingt mit dem Musical-Konzert „Abenteuerland“ eine fantastische Reise zurück in die Kindheit, wie lange sie auch bei jedem selbst schon her sein mag. Zum Finale beherrscht ein Farbenmeer aus Knicklichtern den dunklen Zuschauersaal und gibt ein magisches Bild ab. Die erste Zeitreise ist Stanke & Friends zweifelsohne gelungen und wird mit viel Beifall belohnt.
Liebevoll gestaltet und in diesem Fall unbedingt eine Erwähnung wert ist das fast 100-seitige Programmbuch mit zahlreichen Hintergrundinformationen und Gedanken zum „Abenteuerland“. Auch das restliche eigens für dieses Konzertformat erdachte Merchandising ist mit viel Liebe zum Detail und oben bereits beschriebenem Logo erhältlich. Leider findet sich dieses Symbol zu keiner Zeit auf der Bühne wieder. Sucht man unbedingt einen Kritikpunkt, könnte man den Wunsch äußern, dass sich dies vielleicht in den kommenden Konzerten irgendwo in die Bühnendekoration mit einfügt.
Am 18. Mai lädt Patrick Stanke in der Schauburg Ibbenbüren erneut zum Spielen ein und es wird hoffentlich nicht der letzte Ausflug ins Abenteuerland.
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