The Fantasticks
im “Kleines Theater Bad Godesberg”
Mit „The Fantasticks“, einem Musical von Tom Jones und Harvey Schmidt, nimmt sich das kleine Theater in Bonn-Bad-Godesberg eines Stückes an, das bereits am 3. Mai 1960 am Off-Broadway-Theater Sullivan Street Playhouse seine Uraufführung feierte und in deren ersten und später der Wiederaufnahme-Besetzung Tom Jones selbst (unter Pseudonym) mit auf der Bühne stand und teilweise auch Regie führte. Mit der Vorstellung am 12. Januar 2002 gelang sogar ein Weltrekord – nämlich der für die Dauer der Präsentation (42 Jahre) und die Zahl der Aufführungen (17.162).
Matt und Luisa leben getrennt durch eine von ihren verfeindeten Vätern errichtete, hohe Gartenmauer in benachbarten Häusern. Damit sich die beiden heimlich verliebten jungen Leute dennoch nahe sein können, brauchen sie eine Menge Fantasie. Der verwegene Bandit El Gallo, ein Verkaufsexperte für Fantasien und Träume, versteht es geschickt die Situation auszunutzen und verkauft den beiden Vätern, die ihre Feindschaft nur vorspielen, um die ihrerseits gewünschte Liebe zwischen ihren Kindern zu entfachen, einen „First Class Raub“. Matt gelingt es, den dramatischen Entführungsversuch abzuwenden, seine Geliebte aus den Fängen der Entführer zu befreien und es kommt zur Versöhnung der beiden Familien. Ein richtiges Happy End, welches nur im romantischen Mondschein und ebensolcher Stimmung der Beteiligten funktionieren kann? Dazu noch ein Happy End schon zum Ende des ersten Aktes? Aber was geschieht, wenn die beiden Kinder von der Inszenierung ihrer Väter erfahren, sprich strahlende Sonne Licht ins Dunkel bringt und die romantischen Gefühle unter der Mondsichel verdrängt?
Große Schuhe für das kleine Theater, könnte man meinen, aber die kleine Bühne macht ihre Sache gut – sehr gut sogar. Standen im Original sieben Darsteller vor ihrem Publikum, bedient sich diese Produktion nur derer fünf. Die beiden engagierten „Entführer“ aus dem Original können die Väter doch schließlich selbst mimen, sind sie doch im wahren Leben außerhalb ihrer gehegten und gepflegten und mit viel Liebe gegossenen (oder auch nicht) Gärten im Stück, Darsteller des kleinen Theaters in Bonn, was sie dem *R*A*U*B* – Verkäufer in „dramatisch“ vertonten Monologen und „ergreifenden“ Sterbeszenen glaubhaft machen können. Überhaupt stecken einige mit Augenzwinkern zu bemerkende Adaptionen auf wiederzuerkennende Personen/Stücke der näheren oder weiteren Gegenwart in dieser Inszenierung und sorgen für allgemeine Erheiterung. Sei es die Bedeutung des neumodischen Begriffs „One Way Circle“ oder dass sich die Protagonisten bei der Aussprache des auf der trennenden Gartenmauer dringend benötigten Stacheldrahtzauns beispielsweise an dem vor 20 Jahren berühmten Song „Maschendrahtzaun“ von Stefan Raab orientieren, der eine ähnliche Situation skizziert. Aber auch Udo Lindenberg schaut stimmlich imitiert kurz vorbei und Vampir-Graf von Krolock hinterlässt seine bissigen Zahnabdrücke.
Die von Tom Jones komponierte Musik ist zeitlos und der nostalgisch anmutende erste Song des Stückes „Try to Remember“ ist nicht nur überaus bekannt, sondern soll direkt zu Beginn ermutigen, sich ob der spärlich bestückten Bühne und der oft obskuren Irrungen und Wirrungen, der eigenen Fantasie hinzugeben, um der bewegenden Geschichte über Illusion und Desillusion in der Liebe zu folgen. Die Musik kommt nicht von Band, sondern wird von der dreiköpfigen Band unter der Leitung von Theo Palm am Klavier, ergänzt mit Harfe (Ewa Matejewska) und Percussion (Christoph Freier) live eingespielt. Theaterintendant Frank Oppermann platziert die neue Außenbühne des Theaters unter der vor dem Theater und im angrenzenden Park stehenden 300 Jahre alten Libanon-Zeder und schafft somit eine romantische open Air Location. Das Bühnenbild (Stefan Krause, ebenfalls Regie) ist auch nach diesen vielen Jahren nach wie vor spärlich bestückt und besteht hier lediglich aus zwei Türen, die die benachbarten Häuser darstellen und vielen größeren bunten Bausteinen, die zum einen den Musical-Titel skizzieren, zum anderen die Gartenmauer darstellen, und im Verlauf des Stückes immer wieder mit einbezogen werden.
Die Cast besteht, wie bei kleinen Häusern meist üblich, aus Theatercrew und bekannteren Gesichtern. Die Münchenerin Sophia Vivien Riedl (Luisa) beendete ihr Musical-Studium erst in diesem Jahr an der Folkwang Universität der Künste in Essen. Ihr Spiel ist erfrischend und ihr Gesang brillant und klar. Florian Albers (Matt) aus Haltern am See kennt man bereits seit langen Jahren von etlichen Bühnen, wie beispielsweise der Tecklenburger Freilichtbühne oder des KaTiElli-Theaters in Datteln. Sein Matt ist verspielt und verträumt angelegt und sein darstellerisches wie gesangliches Talent weiß der junge Darsteller gekonnt einzubringen. Manuel Jadue ist als Besetzung des düster verlockenden Banditen El Gallo sowohl eine Augen- wie Ohrenweide und er versteht es, sich als „Erzähler“ des Stückes in Szene zu setzen. Die beiden Väter Dirk Witthuhn (Hucklebee/Entführer) und Intendant Frank Oppermann (Bellomy/Entführer) übernehmen auf witzig spritzige Weise den komödiantischen Part des Stücks und fallen dabei nicht nur durch die lustigen Kostüme, sondern auch durch die großartige Gestaltung ihrer „Doppel“-Rollen nachhaltig auf.
Dieses interessante, bereits 60 Jahre alte Stück, mit teilweise alt anmutenden Dialogen, welche frisch aufgepeppt und verjüngt wurden, wartet im kleinen Theater in Bad-Godesberg noch bis zum 29. Juni 2021 auf seine Zuschauer. Karten können online auf der Website des Theaters www.kleinestheater.eu oder direkt an der Theaterkasse erworben werden. Im Anschluss an „The Fantasticks“ steht ab Juli das Zwei-Personenstück „Die letzten fünf Jahre“ im Spielplan der kleinen Bühne. Alle weiteren Premieren können ebenfalls auf der Website oder vor Ort eingesehen werden.
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