Mark/Mag mal anders

Ostersamstag, 20. April 2019

Volksbühne am Rudolfplatz, Köln

(Mark Seibert – Sabrina Auer – Roberta Valentini – Frank Nimsgern und Band)

Wenn der bekannte und überaus beliebte Musicaldarsteller Mark Seibert, der zu den besten seines Faches in Deutschland und Österreich zählt, zu seinen Konzerten lädt, ist eins gewiss – seine Fans sitzen beim Vorverkaufsstart angespannt am heimischen Computer und die bespielten Häuser sind binnen kürzester Zeit ausverkauft. Jeder, der sich auch nur annähernd mit diesem Genre beschäftigt, weiß, dass der sympathische Künstler an einem solchen Abend alle Register seines Könnens zieht und immer wieder neu zu begeistern versteht. Im Musical zu Hause, füllen seine Songlisten meist Lieder aus ebendiesem Bereich.

Auch die letzte Veranstaltungsankündigung von vor etwa einem halben Jahr löste wieder einen Aufschrei aus, diesmal einen noch größeren – titelte seine neue Konzertreihe doch „Mark/Mag mal anders“. Jeder stellte sich sofort die Frage, mit was „anderem“ man diesmal wohl würde rechnen können. Schnell setzte Seibert mit einer ersten Auflösung nach und erklärte bereits früh, dass er sich schon seit geraumer Zeit mit eigenen, von ihm mitgeschriebenen Songs befasse und steigerte damit die Neugierde seiner Fans noch mal um ein Vielfaches.

Am Abend des 20. April 2019, dem diesjährigen Ostersamstag, sollte es in Köln, im ehemaligen Millowitsch-Theater, welches sich heute Volksbühne am Rudolfplatz nennt und 402 Sitzplätze zur Verfügung stellt, soweit sein. Schon im vergangenen Jahr wählte der Sänger diese Location und servierte mit seinem Programm „Musical Melodies“, damals an Karfreitag, einen musikalischen Osterhasen. Später am heutigen Abend erinnert er sich schmunzelnd noch einmal daran, aber auch an die vielen Fragen, das eigentlich an diesem hohen und stillen Feiertag bestehende Konzertverbot betreffend, zurück. Er habe zwar davon gewusst, aber bei der Planung nicht wirklich darüber nachgedacht, sinniert er rückblickend, bevor er lachend die ihn einige Wochen später erreichte Anekdote in Form einer Anzeige diesbezüglich zum Besten gibt und damit viele, wenn auch ungläubige, Lacher erntet – dennoch aber sicher ein guter und einleuchtender Grund, heuer den ungefährlicheren Ostersamstag zu wählen.

Gut gelaunt und voll unbändiger Vorfreude versammeln sich pünktlich vor Vorstellungsbeginn diejenigen seiner Fans im Foyer des Theaters, die in den glücklichen Besitz einer Eintrittskarte gekommen sind. Der Vorverkauf gestaltete sich gerade für diesen Termin in Köln zu einer nervlichen Zerreißprobe, da ein Komplettabsturz des Servers die Kaufwilligen stundenlang an den Computer fesselte. In allen Ecken bilden sich Gruppen, die fröhlich darüber rätseln, was der Abend wohl bringen mag. Einige Informationen aus der nur wenige Tage zuvor stattgefundenen Premiere in München sind bereits durchgesickert und versprechen einen tatsächlich mal anderen Programmverlauf.

Bereits als sich die Türen öffnen ist die gespannte Stimmung im restlos ausverkauften Saal fast greifbar und erreicht ihren Höhepunkt, als das Licht gedimmt wird und die Band unter der musikalischen Leitung des Ausnahmekomponisten Frank Nimsgern ihre Plätze einnimmt. Nimsgern verzaubert den gesamten Abend ebenso strahlend wie der eigentliche Protagonist, kann er doch nicht nur am „Mini“-Flügel, sondern vor allem mit seinen unzähligen Gitarren glänzen. Wem es gelingt, seinen Blick einmal für nur einige Momente vom Gastgeber zu lösen, kann auf der rechten Bühnenseite einen Bandleader, Pianisten und Gitarristen erleben, der seinen Beruf, vielmehr seine Berufung, mit jeder Faser seines Seins lebt. Er versteht es, seine Freude nicht nur auf seine Musiker zu projizieren, die daraus einen wunderbaren Sound kreieren, sondern ebenso das Publikum zu fesseln. Wie in jedem seiner letzten Konzerte gibt Seibert auch diesmal seinen mitreisenden Musikern die Möglichkeit, ihr Können nicht nur als seine Begleitung, sondern ebenfalls in einem Solo-Medley, in diesem Fall „Meine Rache an Bach“, unter Beweis zu stellen. Hierzu nimmt Nimsgern Töne aus zwei der bekanntesten Stücke von Johann Sebastian Bach – er sei immer schon mehr daran interessiert gewesen seine eigenen Noten zu finden denn die zu spielen, die auf den Blättern stehen, wie er vorab schmunzelnd berichtet -, versieht diese mit rockigem und spritzigem Schwung und wird dafür kurz vor der Pause mit frenetischem Applaus bedacht. Als weitere Sahnehäubchen können auch Seiberts Special Guests Sabrina Auer und Roberta Valentini bezeichnet werden, die dem Gastgeber nicht nur als harmonisch passende Backing-Sängerinnen, sondern ebenso mit eigenen Soli und Duetten zur Seite stehen. Beide unterstreichen mit ihren ausdrucksstarken Stimmen den Charakter des Konzertes. Besonders hervorgehoben werden müssen sicherlich die von Auer und Valentini mit starkem Ausdruck dargebotene „Bat out of Hell“-Hymne „It’s all coming back to me now“, sowie Roberta Valentinis emotional berührende Soli „Du“ aus „Ghost“ und „Schattenland“ aus „Der König der Löwen“, bei welchem sich Seibert selbstlos auch mal in die zweite Reihe stellt und seinen Gast nur in den Backings unterstützt.

Die Begeisterung der anwesenden Besucher erstreckt sich aber nicht nur auf diese beigegebenen Zuckerstückchen, sondern vor allem auf den Künstler Mark Seibert selbst, der die Andersartigkeit seines neuen Konzertprogramms direkt zu Beginn schwungvoll mit „Conviction of the Heart“, im Original von Kenny Loggins unter Beweis stellt. In bisher keinem seiner Konzerte waren auf der Bühne sogenannte „In-Ear-Kopfhörer“ von Nöten, dieses Mal jedoch gehören sie ohne Frage absolut zur Ausstattung der Protagonisten. Es geht laut zu, es wird rhythmisch und es wird rockig, so dass die paar wenigen, immer wieder von Seibert dargebotenen Stücke aus seinen wichtigsten Musicalengagements eher kaum auffallen und merklich in den Hintergrund treten. Heute dominieren große Rock- und Pop-Songs beispielsweise von Pink „What about us“ (Auer/Valentini) oder Leonard Cohen „Hallelujah“ (Auer). Ebenso gelangen von Sting „Shape of my Heart“ (Seibert), „Shallow“ aus „A Star is born“ (Valentini/Seibert) oder „Only us“ aus dem in Deutschland noch unbekannteren Musical „Dear Evan Hansen“ (Auer/Seibert) gefühlvoll oder mitreißend zu Gehör, genauso wie „From now on“ aus dem Musical-Film-Hit „The Greatest Showman“, an dem momentan kaum einer vorbei kommt.

In die illustre Reihe der von Seibert seltener zu hörenden Lieder fügen sich seine eigenen, neuen Songs „Früher schon“, „Dass es uns nicht mehr gibt“, „Weil es dich nur einmal gibt“ und das als Zugabe zu hörende „Keine Träne“, harmonisch und passend ein. Bereits vorab über die unterschiedlichsten Kanäle gestreut, sind sie schon entsprechend geläufig, so dass auch sie von den Besuchern kaum noch skeptisch beäugt werden, sondern sich bereits als ein besonderer Teil Mark Seiberts eingängig in die Köpfe seiner Fans gebrannt haben. Große Zustimmung und euphorische Begeisterung findet auch seine Ankündigung, bald schon wieder im Tonstudio stehen zu wollen, um weitere Eigenproduktionen hinzuzufügen.

Seibert gelingt es wieder einmal mit einer rasanten, interessanten und vor allem gelungenen Mischung aus Songs mit den verschiedensten Schwerpunkten, verbunden mit einer lebendigen und humorvollen Moderation, sein Publikum in die Sitze zu drücken, es förmlich zu überrollen und an seine Lippen zu fesseln. Seinen Lohn dafür darf sich der großartige und heute bestens gelaunte Sänger in Form von wohlverdientem, nicht enden wollenden Applaus und fast ausnahmslos positivem Zuspruch nicht nur am Ende des Abends, sondern sich stetig steigernd bereits nach jeder einzelnen Interpretation bis hin zu spontanen, zwischengestreuten standing ovations abholen. Ein Abend, der einfach Freude bringt, gute Laune provoziert und vor allem Lust auf mehr „Mag mal anders“ macht.

 

Fotos: (c) Madeleine Weiss

 

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