Spamalot – Seefestival Wustrau
Die Suche geht weiter – Mission in Wustrau erfüllt, die Ritter ziehen nach Berlin
„Herzlich willkommen beim Seefestival Wustrau!“ Diesen Satz zu sagen freut sich Festivaldirektor Marten Sand in diesem Jahr ganz besonders. In einer Koproduktion mit dem Schlosspark Theater Berlin bringt er „Spamalot“ auf die Bühne. „Eine Komödie mit Musik basierend auf dem Film ‚Die Ritter der Kokosnuss‘“ titelt das Programmheft.
Etwa 150 Zuschauer finden an diesem Abend den Weg ins Brandenburgische Wustrau, wo am Ufer des Ruppiner Sees eben jenes Stück den Alltag vertreiben und die Lachmuskeln strapazieren soll. Bei Windstille und sommerlichen Temperaturen, was bei Freilichtveranstaltungen ja immer ein großer Vorteil für alle Beteiligten ist, beginnt die rasante Reise durch das Mittelalter kurz vor dem Einbruch der Dämmerung. Vor zweckmäßiger Kulisse – einer stilisierten Burg mit zwei Türmen – setzen neun Darstellerinnen und Darsteller alles daran, das Leben beschwingt zu nehmen und nicht nur selbst Spaß zu haben, sondern ihn auch zu teilen. Zur Hymne des Stückes wurde der aus dem Film „Leben des Brian“ bekannte Ohrwurm „Always look on the bright side of life“, was hier etwa mit „Nimm das Leben beschwingt und hab einfach Spaß“ übersetzt wird und zutreffender kaum sein könnte.
Gut zwei Stunden unterhält das Bühnengeschehen um König Artus und seine mehr oder weniger tapferen Ritter mit einer Mischung aus viel schwarzem Humor, geschichtlichen Halbwahrheiten und einer ganzen Reihe Anspielungen auf aktuelle gesellschaftspolitische Themen. Ganz besonders gemünzt auf die diesjährige Arbeitssituation von Künstlern, die sich derzeit durchaus schwierig gestaltet.
Doch zurück zum Anfang, wenn man das denn so nennen kann. Es ist das Jahr 932, in England regieren Hunger, Armut und Krankheiten. König Artus macht sich mit seinem treuen Begleiter, dem Pferd Patsy, auf den Weg, um tapfere Männer für seine Tafelrunde zu gewinnen. Dabei stößt er auf zwei Wachsoldaten, die sich über ihn amüsieren und feststellen, dass es sich mitnichten um ein echtes Tier handelt, sondern viel mehr um einen Handlanger, der die Hälften einer Kokosnuss zusammenschlägt, um damit das Hufgetrappel zu simulieren. Den Ruf an den Königshof ignorierend entbrennt eine hitzige Diskussion darüber, wie eine tropische Frucht in die gemäßigte Klimazone gelangen kann. Das Ergebnis lässt zu wünschen übrig, beschert Artus jedoch zwei neue Wegbegleiter. Den Anfänger – ähm Führer Sir Lancelot und den Mitläufer Sir Robin. Etwas später stößt nach einigem Widerstand auch Bauer Dennis zur Truppe, der sich vehement gegen einen nicht von ihm gewählten Monarchen ausspricht und seinerseits versucht Artus klarzumachen, dass es nicht genügt, sich von irgendeiner Fee aus dem See ein Schwert in die Hand drücken zu lassen, selbst wenn es sich dabei um ein historisch bedeutendes handelt, welches sogar einen Namen trägt. Herausgefordert durch die Ignoranz des Bauern ruft Artus die Fee aus dem See zur Hilfe, diese überzeugt Dennis schließlich, sich der Schar anzuschließen und fortan als Sir Galahad zu dienen.
Angekommen in Camelot stellt sich dies eher als Sündenpfuhl denn als Königsfeste dar. Statt Kampf und Eroberung tanzen, singen und schlemmen die Bewohner, ehe ihnen die Stimme Gottes erklingt. Dieser schickt sie auf die Mission, den heiligen Gral zu finden. Zunächst ist jedoch zu klären, worum es sich hierbei handelt und warum er überhaupt gesucht werden muss. Man ist sich schnell einig, dass es unlogisch ist, dass Gott der Allmächtige nicht weiß, wohin er seinen Becher gestellt hat und man ihm doch lieber einen neuen kaufen sollte, als den verbummelten aufzuspüren. Artus erklärt schließlich die Symbolträchtigkeit des Grals und nach der Ermunterung der Fee aus dem See macht sich die bunte Truppe mit unterschiedlichen Erwartungen auf die Suche durch Großbritannien, was ja nicht so groß sein kann, dass etwas so Heiliges verlorengeht.
Unterwegs treffen sie auf eine ganze Reihe absonderlicher Gestalten. Ein französischer Spötter, eine der ersten Begegnungen, wirft mit Beleidigungen um sich und benutzt schlimme Gesten. Am Ende dieser Konfrontation wird die Truppe in alle Winde zerstreut und sucht auf eigene Faust nach dem Gral. Gemeinsam mit Patsy stößt Artus in einem dunklen Wald auf die Ritter, die immer „NI“ sagen und die beinahe unlösbare Aufgabe stellen, ihnen ein Gebüsch als Wegezoll zu beschaffen. Auch mit Unterstützung des Publikums scheitert der König daran und erhält einen anderen Auftrag, an dem er zu verzweifeln droht. Er soll in einer Komödie in Wustrau auftreten… Resigniert zieht er weiter und fühlt sich von allen allein gelassen. Die Fee aus dem See hadert ebenfalls mit ihrem Schicksal, ihrer Meinung nach erhält ihre Person zu wenig Beachtung. Während die Ritter der Tafelrunde dem furchteinflößenden schwarzen Ritter gegenüberstehen, verliert sich deren Heldenmut, wenngleich dieser am Ende schwer geschlagen zwar den Weg freigibt, aber noch immer streitlustig seine Verletzungen herunterspielt.
Nachdem sie ihrem König klargemacht haben, dass sie keine Lust mehr auf die Gralssuche haben, gehen sie ihrer eigenen Wege. Lancelot ereilt der Ruf einer armen Seele, die eingesperrt im Burgturm auf eine durch seinen Vater arrangierte Hochzeit wartet, sich zu der Dame jedoch gar nicht hingezogen fühlt. Tatkräftig eilt er zur Stelle, erledigt die Wachen und befreit Prinz Herbert, dessen Vater sich damit so gar nicht einverstanden zeigt. Nach der gelungenen Flucht outet sich Lancelot als homosexuell und beide gehen ihren Weg gemeinsam.
Artus fühlt sich weiterhin im Stich gelassen, erhält aber großen Zuspruch von seinem Pferd und der Fee, die versucht, ihn auf den rechten Weg zu lenken. Sie gestehen sich ihre Liebe und versprechen, sich am Ende zu heiraten. Die Truppe findet erneut mit neuem Mut zusammen und trifft kurz vor dem Ziel auf ein Killerkaninchen, vor dem sie von Tim dem Zauberer eindringlich gewarnt werden. Sie ignorieren den seltsamen Mann und es kostet einen tapferen Recken das Leben, ehe es Bruder Maynard, der die heilige Handgranate dabei hat und eine Bedienungsanleitung dazu vorliest, richten soll. Ein Stein mit seltsamer Inschrift ist ihr letzter Hinweis auf den Gral, der sich nach dem Entziffern dankenswerter Weise im Publikum findet.
Es wird Zeit für alle, zur Normalität zurückzukehren. Die Komödie ist gelungen und wird mit gleich zwei Hochzeiten abgeschlossen. Einzig Galahad wird sein Leben dem Showtanz widmen, während alle anderen Beteiligten den heiligen Bund der Ehe eingehen.
Für das Gelingen dieses bunten Spektakels tragen diejenigen, die hinter den zahllosen Rollen auf der Bühne stecken Verantwortung. Als Fee aus dem See überzeugt Antje Rietz auf ganzer Linie. Vor der Kulisse des Ruppiner Sees könnten ihre Auftritte kaum authentischer sein. Sympathisch unsympathisch durch überspitzte Charakterdarstellung singt und spielt sie sich in die Herzen der Zuschauer.
Kein Unbekannter ist Tom Quaas, der Excalibur schwingend König Artus charismatisch verkörpert. Die gutmütig-naive Rolle des energischen, aber sehr verblendeten Monarchen stellt den vielseitigen Künstler vor eine neue Herausforderung. Quaas ist aus Film- und Fernsehen bekannt, steht regelmäßig auf den Theaterbühnen und führt auch selbst bei eigenen Projekten Regie.
Andreas Goebel bekommt die Gelegenheit, als Sir Galahad mit seinen Showeinlagen und überzeugender Argumentationsfähigkeit das Publikum für sich zu gewinnen. Sein Kollege Jan Felski brilliert als Lancelot und erntet vor allem mit seinem Coming Out große Sympathien. Alexander Plein verkörpert den Hasenfuß Sir Robin, den ein Moment des Mutes das Leben kostet. Die vorlaute Art des jungen Ritters weiß er erfrischend darzustellen und fügt sich damit hervorragend in Artus‘ Tafelrunde ein.
In die Rolle des klugen und überaus geduldigen Pferdes Patsy schlüpft Julia Fechter. Mit ihrem Spiel und Gesang gelingt es ihr hervorragend, diesem trotz allen Klamauks einen würdevollen Anstrich zu verpassen.
Johannes Hallervorden, Tanja Müller und Jeannette Nickel schlüpfen in zahllose weitere Rollen des verrückten mittelalterlichen Geschehens. Als NI-Ritter, Zauberer, Spötter, Tänzerinnen, Bräute, Seejungfrauen und Wachen verwandeln sie das Bühnengeschehen oft in kürzesten Abständen in neue Szenen und Spielorte und verleihen damit den Anschein einer tatsächlichen Vielzahl Beteiligter. Sicher sieht die Besetzung normalerweise vor, auch diese Rollen mehr zu würdigen und auszubauen, doch in Anbetracht dessen, was es derzeit auf den Theaterbühnen umzusetzen gilt, ist Regisseur Marten Sand und Choreographin Gesine Sand das Beste gelungen. Als unsichtbarer Zehnter im Ensemble leiht Dieter Hallervorden Gott dem Allmächtigen seine Stimme und sorgt damit auch in Abwesenheit für einige Lacher im Publikum.
Die Auswahl von Monty Pythons „Spamalot“ hätte kaum besser sein können, eignet sich doch kaum ein anderes Stück besser dazu Änderungen vorzunehmen, ohne daran an Authentizität zu verlieren.
Eric Idle, Gründungsmitglied der britischen Komikertruppe Monty Python, zeichnet für das Buch und die Texte verantwortlich, John Du Prez schrieb die Musik. In unzähligen Adaptionen kommt das vielfach ausgezeichnete Stück (unter Anderem drei Tony Awards) weltweit auf die Bühne und feiert damit größte Erfolge.
Noch bis zum 9. August suchen die Ritter Wustrau heim, anschließend wird die Suche nach dem heiligen Gral ins Berliner Schlosspark Theater verlegt, wo wegen großer Nachfrage zum Jahresende bereits einige Zusatztermine bekannt wurden.
Wer sich aus dem Alltag entführen lassen und wieder einmal herzhaft lachen möchte, dem sei „Spamalot“ in dieser Inszenierung wärmstens ans Herz zu legen.
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Weiterführende Informationen:
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