„Stars on Stage“ am 24. Oktober 2020 in Braunschweig

Eigentlich war dieses Wochenende im Oktober ganz anders geplant. Eigentlich sollte zu dieser Zeit in der Event- und Kulturlocation „Westand“ in Braunschweig der Liederzyklus „The Distance You Have Come“ aus der Feder des US-amerikanischen Songwriters Scott Alan mit einem namhaften Cast seine deutschsprachige Erstaufführung erleben. Dann kam Corona.

Foto: Nicola Krüper

Kurzerhand planten Katharina Krüper und Clemens Bahn, die Inhaber der OnStage – school of musical, um und verpflichteten einige der ursprünglichen Cast-Mitglieder zu einem „Stars on Stage“ Konzert mit dem Untertitel „Mit Abstand (die Besten)“. Und dieser Titel war Programm, denn auf der Bühne in Braunschweig versammelten sich gleich sechs von deutschen Bühnen bekannte Musicalgrößen: Nienke Latten, Myrthes Monteiro, Roberta Valentini, Riccardo Greco, Gerrit Hericks und Oedo Kuipers. Musikalisch unterstützt wurden sie von einer ebenfalls bühnen- und musicalerfahrenen Live-Band. Die Organisatoren selbst führten durch das Programm und erzählten bereits zur Begrüßung von ihrer durchwachten Nacht. Just einen Tag vor dem Konzert wurden in Niedersachsen wie in ganz Deutschland die Eindämmungsmaßnahmen verschärft und eigentlich wusste keiner bis zum Morgen des Veranstaltungstages so wirklich, ob das Konzert auch wirklich stattfinden konnte. Es fand statt, vor nur 99 Zuschauern, mit Abstand und einem sehr gut durchdachten Hygienekonzept, das von allen Besuchern, der Crew und den beteiligten auf der Bühne auch vorbildlich eingehalten wurde. Ein positives Beispiel dafür, dass Theater auch in Coronazeiten funktioniert, wenn man es denn funktionieren lässt. Dass es eine gute Woche später Dank „Lockdown Light“ wieder still um Kunst und Kultur werden würde, wusste an diesem Abend noch niemand. Dem entsprechend war die Stimmung unter den 99 Zuschauern von Beginn an hervorragend, waren sie doch mehr als froh über die ihnen gebotene Möglichkeit.

Foto: Nicola Krüper

Und diese gute, glückliche Stimmung schlug dem Publikum von der Bühne zurück. Band, Sängerinnen und Sänger und das Moderatoren-Paar waren gut drauf, letztere merklich aufgeregt. Gerade deshalb führten Katharina und Clemens sehr sympathisch durch das Programm, der ganze Abend hatte Dank der überschaubaren Besucheranzahl, der kleinen Location und der persönlichen Moderation einen nahezu familiären Charakter. Während der Moderation erfuhr man das eine oder andere Persönliche über die Zwei und mitten im Konzert zeigten sie mit einem musikalischen Duett, dass sie nicht nur über Musical reden können.

Foto: Nicola Krüper

Das Programm des Abends ist so außergewöhnlich wie das gesamte Konzert. Denn darauf stehen in erster Linie nicht die Musicals und die Songs, die in der Mehrzahl der Musicalkonzerte immer und immer wieder dargeboten werden, sondern vielmehr die in Deutschland nicht ganz so bekannten Stücke. Allerdings kommt natürlich auch dieser Abend nicht ohne ein paar „Evergreens“ aus, denn wenn man schon mal Cast-Mitglieder „großer“ Stücke im Haus hat, dürfen Songs aus diesen natürlich nicht ganz fehlen. Und so startet das Konzert nach dem gemeinsamen Opener „Another Op’nin, Another Show“ aus „Kiss me Kate“ und einem Duett von Gerrit Hericks und Riccardo Greco aus dem eigentlich geplanten Liederzyklus „The Distance You Have Come“ mit einem Disney-Block. Dabei dürfen die beiden Jasmins Myrthes und Nienke „Speechless“ aus „Aladdin“ interpretieren, was für den ersten großen Gänsehautmoment das Abend sorgt. Gerrit bezaubert das Publikum mit „Draußen“ aus dem „Glöckner von Notre Dame“ und das gesamte Ensemble singt „Into the Unknown“ aus „Frozen II“. Ein zweiter kleiner Block innerhalb dieses ersten Aktes ist dem Musical „Ghost“ gewidmet. Schließlich hat man mit Roberta Valentini und Riccardo Greco zwei Darsteller auf der Bühne, die die Rollen der Molly und des Sam bereits zusammen auf der Bühne verkörpert haben. Sie bringen „Here right now“ und „With You“ zu Gehör und die ersten Zuschauer verdrücken ein paar Tränen. Komplettiert wird der erste Akt mit Liedern aus Stephen Sondheims „Company“ und „Three Friends“ aus „Closer than ever“, bevor das Ensemble das Publikum mit „Let me be your Star“ aus „Smash“ in die Pause entlässt.

Foto: Nicola Krüper

Auch während dieser gibt es strenge, aber gut funktionierende Hygieneregeln. Der Saal wird Dank der großen Seitentüren ordentlich durchgelüftet, bevor es mit Akt 2 weitergeht. Und dieser beginnt mit einer Überraschung und einer großen Leinwand auf der Bühne. Auf dieser erscheint per Videobotschaft Scott Alan, der einen Gruß an alle Beteiligten und Zuschauer inklusive eines weiteren Songs aus „The Distance You Have Come“ im Gepäck hat. Er verspricht: Im nächsten Jahr wird die deutschsprachige Erstaufführung nachgeholt. Danach darf dann auch Oedo Kuipers solistisch ins Bühnengeschehen eingreifen und präsentiert „Why God“ aus

Foto: Nicola Krüper

„Miss Saigon“, dem Stück, in dem er für die geplante und wegen Corona ebenfalls verschobene Premiere in Wien den Chris spielen wird. Auf dem Programm stehen außerdem Ausschnitte aus „Dear Evan sHansen“, „The Book of Mormon“, „Catch me if you can“, „Heathers“ und „Eugenius!“, alles in allem Stücke, die in der deutschen Musicallandschaft (noch) nicht so bekannt, im englischsprachigen Raum aber durchaus erfolgreich oder sogar bereits echte Renner sind. Mit „A New World“ aus „Songs for a New World“ werden die Zuschauer dann in die Nacht entlassen. Vorher gibt es natürlich und völlig zu Recht viel Applaus für Band, Sänger und die beiden Organisationen dafür, dass sie in der pandemiebedingt kulturarmen Zeit ein paar Stunden Normalität und Freude gebracht haben.

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