„VOXX The West End Tenors“ auf Deutschlandtour

18. Januar 2020 im Kurhaus Bernburg

Ein Hauch des Londoner West Ends weht an diesem ungemütlichen Samstagabend durch den Saal des Kurhauses in Bernburg (Saale), einer 32.000 Einwohner zählenden Stadt mitten in Sachsen-Anhalt. Angekündigt haben sich vier Sänger, die allesamt schon in diversen Stücken im Musical- und Theater-Hotspot der britischen Hauptstadt zu sehen waren.

„VOXX The West End Tenors“ nennen sie sich und sind in der derzeitigen Besetzung Adam Bayou, Michael Storrs, Leo Roberts und Oliver Metcalfe auf ihrer ersten Deutschland-Tour unterwegs. Ganz bewusst haben sie sich dabei für kleinere Auftrittsorte entscheiden, dort, wo sich die Größen der nationalen und internationalen Musicalszene normalerweise nicht hin verirren.
Und so generiert sich auch das Publikum in Bernburg in erster Linie aus Menschen aus der näheren Umgebung. Der große Saal ist leider nur zu etwa zwei Dritteln gefüllt, dabei hätte die Performance des Quartetts durchaus ein ausverkauftes Haus verdient. Anfangs noch etwas zurückhaltend schaffen es die vier im Laufe ihrer Show, zumindest den größten Teil des Publikums in ihren Bann zu ziehen, mitzureißen und am Ende zu Standing Ovations von den Stühlen zu bewegen.

Gute zwei Stunden lang, zeigen die Tenöre alle Facetten ihres umfangreichen Könnens, begleitet von einer fünfköpfigen Live-Band. Dabei reicht ihr Repertoire von Rock- und Popsongs („You’re the voice“, „Living on a Prayer“) über – natürlich – Musicalsongs aus Les Misérables, The Phantom of the Opera oder The Greatest Showman bis hin zu ganz klassischen Opernstücken wie „Largo al factotum“ aus dem „Barbier von Sevilla“ oder „Toreador“ aus „Carmen“. Denn jeder der vier, so erzählt Michael Storrs dem Publikum, hat vor dem Einstieg in die Musicalbranche eine klassische Gesangsausbildung absolviert.

Als die West End Tenors zum ersten Mal die Bühne betreten, wird es – obwohl sie alle in England beheimatet und bis auf Adam Bayou auch dort geboren sind – erst einmal italienisch, denn das Quartett präsentiert mit „Grande Amore“ und „Nella Fantasia“ zum Einstieg zwei Songs der Boyband „Il Divo“. Gruppen-Mitbegründer Michael Storrs begrüßt das Publikum und moderiert den Abend – überraschenderweise in deutscher Sprache. Und so berichtet er, dass drei der vier Mitglieder bereits in „Les Misérables“ auf der Bühne gestanden haben, Adam Bayou hat sogar über 400 Mal die Rolle des Jean Valjean interpretiert. So ist es natürlich folgerichtig, dass er im folgenden Mini-Musicalblock „Bring him home“ interpretiert. Nach einem Ausflug in die Filmwelt, u.a. mit einem Bond-Medley, bei dem jeder der Sänger seinen „eigenen“ Bond-Song zum Besten gibt und Adam Bayou am Ende mit „Skyfall“ die Zuschauer zu Bravo-Rufen hinreißt, folgt zum Abschluss des ersten Show-Teils der bereits angesprochene Klassik-Teil. Dabei ist das Duett „Largo al Factotum“ mit Michael Storrs und Oliver Metcalfe ein besonderes Erlebnis. Beim bekannten „Torador“ aus Bizets Oper „Carmen“ ist dann auch der Letzte im Publikum wach und klatscht rhythmisch mit. Mit „Nessun Dorma“ und dem damit verbundenen Gänsehausmoment verabschieden sich die West End Tenors in die Pause.

Und solche Gänsehautmomente gibt es auch in der zweiten Hälfte des Konzerts reichlich. Vor allem, als die vier „Til I hear you sing“ und später „Music of the Night“ aus dem Webberschen Phantom-Zyklus zum Besten geben, kann man im Zuschauersaal die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören, so andächtig und ergriffen lauscht das Publikum. Doch die Tenors können auch schwungvoll (Leo Roberts mit „Delilah“) und rockig („The show must go on“).

Am Ende wollen die Zuschauer die Boys vom West End kaum gehen lassen, doch nach den Zugaben „Hey Jude – mit stimmkräftiger Publikumsunterstützung – und „Time to say Goodbye“ ist es dann doch irgendwann soweit. Ein kleiner Trost: Die Zuschauer können sich im Foyer die CD der Show mitnehmen und diese gleich von den Künstlern selbst signieren lassen.
Bleibt zu hoffen, dass dies nicht die letzte Deutschlandtournee von „VOXX The West End Tenors“ war und sie irgendwann wiederkommen, dann gern auch in größere Städte.

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