Interview mit Ratan Julian Jhaveri

Ratan Julian Jhaveri – Viele kennen ihn als Dirigent oder Music Supervisor bei „Tanz der Vampire“, „Ghost“, „The Band“ oder jetzt ganz aktuell bei der neuen Produktion von „Ich war noch niemals in New York“. Mitten in Köln betreibt er zusätzlich die Agentur Shanti, in der er unter anderem auch Gesang-Workshops mit bekannten Darstellern für Fans oder Profis sowie kleine Wohnzimmerkonzerte anbietet.

Mit Ratan Jhaveri konnten wir einen weiteren Pianisten für unsere neue Interviewserie, die sich mit den Musikern vor der Bühne befasst, gewinnen und mit ihm ein wenig über Beruf und Berufung sprechen.

 

 

In welchem Alter hast du zu spielen begonnen und gab es einen Auslöser, der den Wunsch nach 88 Tasten geweckt hat?

„Mit 5 Jahren. Es stand immer ein Klavier zuhause und Mama war ja Schauspielerin und mein Bruder spielte auch. So war es also selbstverständlich, dass ich mich dransetzte.“

 

Wolltest du das Spielen je hinwerfen, oder gab es längere Pausen? Warum war das so und warum ging es dann doch weiter?

„Nein. Es war sehr früh klar, dass ich was mit Musik machen wollte – oder Arzt / Pilot, aber dennoch Klavier spielen.“

 


Wie kam es dazu, dass du auch beruflich spielen wolltest – gab es ein Schlüsselerlebnis?

„Es hat sich tatsächlich alles so gefügt. Quasi jeder Auftritt seit meinem 5. Lebensjahr war ja am Ende ein Schlüsselerlebnis, weil es Applaus gab und es sich toll anfühlte. Trotz Aufregung und Lampenfieber.“

 

Welches ist eigentlich „dein“ Instrument und warum? (Klavier, Flügel, E-Piano, anderes?) Gibt es eine Anekdote dazu?

„Mein Instrument ist der klassische Flügel. Ich habe auf einem großen Bösendorfer Flügel gelernt—und man sagt, ein Bösendorfer sei ein eigenwilliges Instrument mit eigenem Charakter, den man nicht zwingen kann. Stattdessen sei ein Steinway „einfacher“, aber vielleicht brillanter… Oder auch nicht.“

 

Komponierst du auch selbst? Falls ja, welche Bedeutung hat dies für dich?

„Nicht mehr. Ich habe tatsächlich bis ich 21 Jahre alt war komponiert, sogar ein volles Klavierkonzert, welches ich zu meiner Abi-Feier mit dem Schulorchester aufführte. Ansonsten ein paar Stücke für Bratsche, weil meine 2. Instrumente Geige und Bratsche waren. Danach ist es nicht mehr dazu gekommen. Wer weiß, vielleicht kommt es nochmal wieder.“

 

Spielst du eher mit dem Herzen oder mit dem Kopf? Was ist dir persönlich wichtiger, die Technik oder das Gefühl?

„Ohne Technik kein Gefühl. Du musst Dein Instrument technisch beherrschen, um die Gefühle darauf auszudrücken. Allerdings sind mir emotionale Musiker lieber, statt Technik-Maschinen.“

 

Gibt es einen Unterschied zwischen (Konzert)Pianist und Pianist (begleitend)?

„Eigentlich nein, aber es sind zwei Unterschiedliche Zweige der Spezialisierung. Wobei ein klassischer Solo Konzertpianist vielleicht nicht so oft einen Liederabend begleiten wird und ein reiner Begleiter selten ein Solo Klavierkonzert spielt. Die Kunst Sänger zu begleiten ist allerdings eine komplette Wissenschaft für sich.“

 


Welche fünf Eigenschaften braucht ein guter Pianist?

„Fleiß, Geduld, Ruhe, Konzentration, Leidenschaft, Beharrlichkeit usw…“

 

Welche musikalischen Vorbilder hast du?

„Leonard Bernstein, Vladimir Horowitz und Bach.“

 

Nach dem allgemeinen Frageteil, den wir all unseren Musikern stellen möchten, wenden wir uns nun individuell auf den Künstler angepassten Fragen zu. 

 

Was bedeutet dir Musik?

„Viel, aber nicht alles. Ich höre in der Freizeit nie Musik. Ist ja meine Arbeit. Wäre so, als wenn ein Arzt in der Freizeit auch noch Serien über Operationen sehen oder Lesen würde. Allerdings kann Musik auch erfüllen—mit richtigem Timing und Emotion. Musik bewegt halt den Planeten…“

 

Spielst du aus einer Ruhe heraus, oder nutzt du das Spiel um runterzukommen, zu entschleunigen und/oder Körper und Geist wieder in Einklang zu bringen.

„Wenn ich Klavier spiele, ist es meistens Arbeit. Alles andere wäre Mediation / Esoterik. Klavierspielen ist ein technischer Vorgang.“

 

Setzt du dich auch mal so ganz ohne Grund (üben/Unterricht/Arrangements) ans Instrument, einfach aus der Freude am Spiel heraus?

„Nein“

 

Was ist heute dein genauer Beruf – was deine Berufung?

„Ich habe keinen Beruf – ich mache das, was Spaß macht. Klavierspielen, Leute begleiten, Shows aufbauen als Music Supervisor, mit Sängern und ganzen Ensembles und Orchestern arbeiten, Workshops organisieren, Abrechnungen machen, Verträge verhandeln usw., usw. Heutzutage zeigt es sich mehr und mehr, dass man Flexibel sein sollte.“

 

Übst du noch?

„Hin und wieder vor Konzerten, wenn die Stücke schwer sind.“

 

Du betreibst mit deinem Lebenspartner die Agentur Shanti, ein Kleinod, ein “Om” in Köln-Nippes. Wie kam es dazu, wie entstand die Idee?

„Relativ simpel: Alex wollte ein Yoga Studio aufmachen und wir fanden die Location, und ich wollte schon immer mehr Workshops anbieten, zwar eher für Profis aber dann sahen wir den Keller in Nippes und ich hatte tatsächlich die Idee mit den Fanworkshops. Ein Format, dass es bis dahin nicht gab – und ich bin überrascht, dass die Idee noch nicht geklaut und kopiert wurde.

 

Bei dir können sowohl fertige als auch angehende Profis, genauso aber auch Hobbysänger Unterricht bekommen. Warum gelten deine Bemühungen nicht nur denjenigen, die auf der Bühne stehen, oder dorthin wollen?

„Weil jeder es mal probieren sollte. Es geht bei den Hobbysängern weniger um das Singen, als um Psychologie, Ängste überwinden, Tricks lernen, sich trauen. Und mit denen, die auf der Bühne stehen, arbeite ich ja sowieso schon seit Jahren.“

 

Was macht den Reiz aus Fan-Workshops anzubieten?

„Der Reiz liegt darin, zu sehen, dass selbst die Schüchternsten sich überwinden und sich vor 20 wildfremden Menschen hinstellen und ein Lied singen. Das gibt es nirgendwo (außer betrunken in einer Karaoke Bar…). Und die Freude darüber, dass mittlerweile schon einige, die bei unseren Fanworkshops waren, tatsächlich in den Beruf gewechselt sind und eine Ausbildung machen. Der Reiz, vielleicht den Lebensweg eines Menschen in die künstlerische Richtung bewegt und somit sein Leben verändert zu haben – dass ist das was ich nach all den Jahren immer noch faszinierend finde – und welche Verantwortung man damit hat.“

 

Wir bedanken uns bei Ratan für die interessanten, teil überraschenden und ehrlichen Antworten.

 

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