“Rebecca” in Magdeburg – Ein Probenbesuch

Ein sonniger Spätnachmittag auf dem Magdeburger Domplatz. Bis zur Premiere des diesjährigen Domplatz Open Air sind es noch zehn Tage. Wir treffen uns mit Regisseur Erik Petersen zum Gespräch und dürfen auch zur Probe bleiben und uns schon mal einen Vorgeschmack auf „Rebecca“ (Premiere am 17. Juni 2022) holen.

Während wir zum Regiepavillon auf den Zuschauerrängen gehen, sehen wir zum ersten Mal die Bühne. Dort wird noch kräftig gebaut und gewerkelt. Die ganze massive Wucht des Bühnenbildes von Dirk Hofacker entfaltet sich erst aus einiger Entfernung. „Es ist die größte Version von ‚Rebecca‘, die es je gab“, erzählt Erik Petersen nicht ganz ohne Stolz. Und das gilt nicht nur für die Bühne, sondern für die gesamte Produktion. Bis zu 80 Darsteller – Solisten, Chor, Ballett, Statisterie – werden die Bühne füllen, dabei kommen 250 Kostüme zum Einsatz, allein 14 davon für Sybille Lambrich als „Ich“. Begleitet werden sie von einem 40-köpfigen Orchester der Magdeburgischen Philharmonie unter der musikalischen Leitung von David Levi. „Dank der Philharmonie und des großen Chores bekommt unsere Inszenierung einen sinfonischen Charakter“, so Petersen. „Das sind die Vorteile eines Stadttheaters, eines Mehrspartenhauses – und die will ich komplett ausnutzen. Nach der zweijährigen Wartezeit und den vielen Tiefen der Pandemie wollen wir damit auch zeigen: Wir sind wieder da! Theater ist wieder da!“

Blick auf die Bühne des Domplatz Open Air

Und das tut der gebürtige Magdeburger Erik Petersen mit Inbrunst: „Das Domplatz Open Air war schon immer groß und gewaltig, aber diese Inszenierung ist die größte, die ich bisher gemacht habe. Die Kräfteverteilung ist einfach anders als bei einer Innen-Inszenierung, man muss viel größer denken.“ Das sei – bei aller Freude und Leidenschaft für so ein Projekt – auch ein enormer Kraftakt für alle Beteiligten. Aber auch eine Verpflichtung, denn noch nie zuvor hat ein Stadttheater die Aufführungsrechte für „Rebecca“ bekommen. Magdeburg sei das erste, verrät Petersen. Darum werden auch die Erschaffer des Musicals, Michael Kunze und Sylvester Levay, sowie Vertreter der Vereinigten Bühnen Wien (VBW) als Rechteinhaber die Inszenierung im Laufe des Runs besuchen.

Das Inszenierungskonzept hat sich in den zwei Jahren Zwangspause nicht geändert, sagt der Regisseur: „Es war ja alles schon komplett vorbereitet und auch schon in Arbeit.“ Und er erinnert sich: „Es war an meinem Geburtstag im April, das Telefon klingelte und Karen Stone (Generalintendantin des Theaters Magdeburg, d.Red.) war dran. Ich dachte, sie will mir zum Geburtstag gratulieren, aber sie musste mir mitteilen, dass das Domplatz Open Air abgesagt werden muss.“ Die Kostüme und das Bühnenbild wurden eingelagert. Im Nachhinein ein Glücksfall. „In dieser Größe hätten wir das in diesem Jahr sonst sicherlich nicht stemmen können, da die Preise für die Baumaterialien deutlich gestiegen sind.“ Umso glücklicher sei er, dass die Inszenierung nun doch noch zum Leben erweckt wird.

Inzwischen ist es fast 18 Uhr, kurz vor Probenstart. Das Regieteam sammelt sich auf den Rängen, die Darstellerinnen und Darsteller auf der Bühne. Der musikalische Leiter und der Pianist bleiben unsichtbar im Orchesterzelt hinter der Bühne, sind aber über die Mikrofonanlage mit Regieteam und Bühne verbunden. Einstellungen und Anweisungen gehen über Funk zwischen Regie- und Technikteam hin und her, der Regisseur nimmt das Mikrofon in die Hand, die Probe beginnt. Eingestiegen wird in der zweiten Hälfte des ersten Aktes, bis zum Ende des Probenabends wird bis zum Finale durchgeprobt. Jetzt entfaltet auch die Bühne zumindest in Ansätzen ihre Magie. Das Bühnenbild vereint die zentralen Elemente des Stückes in sich, ein riesiger Schiffsrumpf und viel Wasser. „Wasser ist für mich das Wichtigste im Stück. Das Meer spielt immer wieder eine Rolle in der Handlung. Hier haben wir die Möglichkeit, das zu zeigen und aktiv zu nutzen“, so Petersen. „Außerdem sind die Wasserspiele des Domplatzes immer wieder ein großes Thema in Magdeburg“, ergänzt er augenzwinkernd und spielt damit auf einen alljährlichen Streit in der Stadt an.

Doch nicht nur Wasser wird es reichlich geben in der Magdeburger „Rebecca“, sondern auch Feuer. Natürlich, denn immerhin steht Manderley am Ende in Flammen. „Wir werden Manderley brennen lassen“, verspricht Petersen, Einzelheiten lässt er sich jedoch nicht entlocken: „Das wird eine Überraschung, aber es wird groß“.

Bühnenbildmodell von Dirk Hofacker.

Bis kurz nach 21 Uhr dauert die Probe heute. Ballett und Chor sind heute nicht dabei, Statisterie und der Solo-Cast bestreiten den Durchlauf allein. Obwohl die Stimmen der Darstellerinnen und Darsteller natürlich noch im Probenmodus sind, gibt es an einigen Stellen bereits jetzt einen Gänsehautmoment. Bekannte Namen der Musicalszene finden sich in der Darstellerriege: Patrick Stanke, Sybille Lambrich, Kerstin Ibald, Marc Clear, Robert David Marx, Christian Miebach, Amani Robinson, um nur einige zu nennen. Der Regisseur schwärmt: „Der Cast ist toll. ‚Rebecca‘ ist ein Stück mit hohem Tempo und vielen Szenenwechseln. Dazu die Besonderheiten eines Open Air. Mein Inszenierungsansatz ist ein bisschen anders, als man es vielleicht von bisherigen Versionen kennt, aber alle identifizieren sich damit und leisten Großartiges.“ Und in dieses Lob bezieht Erik Petersen nicht nur den Cast, sondern auch das komplette Team hinter den Kulissen und die Werkstätten ein.

Als die Sonne langsam verschwindet, schickt Petersen seine Protagonisten in den Feierabend. Für ihn und sein Regieteam ist der Abend jedoch noch lange nicht zu Ende. Beleuchtungsproben stehen auf dem Plan, bis zum frühen Morgen. Und ab 10 Uhr geht es dann mit den Bühnenproben weiter.

Am 17. Juni ist Premiere, „Rebecca“ auf dem Domplatz in Magdeburg läuft dann bis zum 10. Juli. Tickets, vor allem für die Vorstellungen unter der Woche, gibt es online oder an der Theaterkasse: https://www.theater-magdeburg.de/spielplan/musiktheater/sz-20212022/domplatzopenair-2122/rebecca/

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